Olympia-Aus: Kerbers Karriere endet mit Tiebreak-Drama
31. Juli 2024Der letzte Schlag ihrer Karriere landete im Netz. Nach 3:04 Stunden Spielzeit unterlag Angelique Kerber der Chinesin Zheng Qinwen nach großem Kampf in drei Sätzen mit 7:6 (7:4), 4:6 und 6:7 (6:8). Die 36-Jährige vergab damit in ihrem letzten Turnier die Chance auf ihr zweites olympisches Edelmetall nach Silber in Rio 2016.
Im dritten Satz reichte der entkräfteten Kerber eine 4:1-Führung nicht zum Sieg. Im Tiebreak stemmte sie sich beim Stand von 3:6 gegen die Niederlage, wehrte drei Matchbälle ab, musste sich dann aber doch geschlagen geben. "Ich werde dieses Match immer in Erinnerung behalten", sagte Kerber hinterher: "Alleine in diesem letzten Tiebreak kamen so viele Emotionen hoch. Ich habe einfach versucht, taff zu sein."
Kerber bewies noch einmal ihre Klasse und insbesondere ihr großes Kämpferherz. Die Niederlage bedeutete zwar, dass die einstige Nummer eins der Welt die Tennis-Bühne ohne den märchenhaften Medaillencoup verlässt. Doch sie zeigte, warum sie lange Zeit eine der besten Tennisspielerinnen der Welt war.
Das Viertelfinale bei den Olympischen Spielen in Paris war das 1062. Spiel ihrer Karriere - und damit auch das letzte. Mit bemerkenswerten Siegen über Japans Topspielerin Naomi Osaka, die Rumänin Jaqueline Cristian und die Kanadierin Leylah Fernandez war Kerber erstmals seit Mai 2022 wieder in das Viertelfinale eines Turniers eingezogen. Mit ihrem Olympia-Aus verlässt nun eine der populärsten und bekanntesten deutschen Sportlerinnen des vergangenen Jahrzehnts die Tennis-Bühne.
Drei Grand-Slam-Titel, Silber bei Olympia
Bereits vor dem Beginn der Olympischen Spiele in Parishatte Kerber ihr Karriereende angekündigt. Die 36-Jährige ist die zweiterfolgreichste deutsche Tennisspielerin nach Steffi Graf.
2016, im besten Jahr ihrer Karriere, gewann sie mit bei den Australian Open in Melbourne und den US Open in New York zwei Grand-Slam-Turniere, holte sich bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro im Einzel die Silbermedaille und wurde die erste Weltrangliste-Erste aus Deutschland nach Graf. 2018 sicherte sich Kerber mit dem Triumph in Wimbledon ihren dritten Grand-Slam-Titel.
Im Februar 2023 brachte sie ihre Tochter zur Welt. Nach ihrer Babypause gab Kerber kurz vor dem Jahreswechsel 2023/2024 ihr Comeback - fand jedoch nicht mehr zu alter Stärke zurück. Bei den Australian Open, den French Open und in Wimbledon scheiterte sie jeweils bereits in der ersten Runde.
Kerber und Olympia - eine besondere Beziehung
Zu Olympia hatte Kerber nach eigenen Worten immer eine besondere Beziehung: "Die Olympischen Spiele, an denen ich bisher teilgenommen habe, waren mehr als nur Wettkämpfe, denn sie repräsentieren verschiedene Kapitel meines Lebens als Tennisspielerin: den Aufstieg, den Gipfel... und jetzt die Ziellinie", schrieb Kerber vor Beginn der Spiele in Paris auf Instagram.
Bei den Spielen 2012 in London scheiterte Kerber im Viertelfinale an der damaligen Weltranglisten-Ersten Viktoria Asarenka aus Belarus. Vier Jahre später in Rio schaffte es Deutschlands Tennisstar bis ins Endspiel, in dem sie in drei Sätzen überraschend gegen Monica Puig aus Puerto Rico verlor. "Meine Silbermedaille war eingebettet in einen Rausch der Emotionen", erinnert sich Kerber.
Den Olympiastart 2021 in Tokio musste sie wegen Oberschenkelproblemen absagen. Bei ihren dritten und letzten Olympischen Spielen in Paris wollte sie "jede Sekunde dieser letzten Episode auf dem Platz" genießen - und tat das auch. Nach 676 Siegen und 386 Niederlagen verabschiedet sich Kerber vom Profi-Tennis. "Jetzt ist es also vorbei. Und es ist irgendwie verrückt", sagte sie nach ihrer Niederlage im Viertelfinale von Paris. "Ich habe wirklich alles in meiner Karriere erreicht."