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Tourismus als Alternative

18. Januar 2011

Öl machte das Sultanat Oman über Nacht reich. Doch die Reserven sind in 50 Jahren erschöpft, darum setzt man jetzt auf Tourismus als Alternative, ohne sich Besuchermassen und Bettenburgen ins Land zu holen.

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Kamel in Oman, Foto: Sven Töniges/DW
Tausendundein Kamel: Ob dieses schont ahnt, dass es bald Touristen tragen muss?Bild: DW/Töniges

Später Vormittag im Dörfchen Rabkut. Gleich wird die Sonne kerzengerade über dem Haus von Sheik Hussein bin Masoud bin Said stehen, im letzten Schatten kniet der alte Mann mit dem weißen Bart davor, stolz hat er seinen goldenen Krummdolch am Gürtel drapiert. Irgendetwas zwischen 90 und 95 Jahren sei er alt, erzählt Sheik Hussein. Und wie das damals war, als der Engländer in die Wüste kam: 13 oder 14 Jahre alt war er, da kam der Engländer Thomas in die Region. Er habe die Leute nach Tieren und Steinen aus der Gegend ausgefragt, erinnert er sich und sogar Geld dafür gegeben: "Die Leute dachten, der ist völlig verrückt!"

Sheik Hussein bin Masoud, Foto: Sven Töniges/DW
Stolz auf die gute Luft in der Wüste: Sheik HusseinBild: DW/Töniges

Der Engländer, das war Bertram Thomas, britischer Kolonialbeamter, legendärer Abenteurer – und sozusagen "Tourist Nummer Null" in Oman. Als erster Europäer überhaupt durchquerte Thomas 1930 "Rub al-Chali", das "Leere Viertel", die riesige Wüste der arabischen Halbinsel und das größte Sandmeer der Welt. So kam er auch als wohl erster Westler in die Felswüste im Süden des heutigen Oman, nahe der Grenze zum Jemen. Hier campierte damals der Klan von Sheik Hussein vom Stamm der Khor Mahari – und fragte sich, was dieser blasse Heide vom Stamm der Briten hier wolle. "Leider war ich zu jung, um dem Engländer etwas zu verkaufen", bedauert der Sheik bis heute. Aber immerhin habe sein Vater gute Geschäfte gemacht.

Tourismus als Ressource Nummer zwei

Genau das, gute Geschäfte machen mit dem Sand des Leeren Viertels, will man auch tausend Kilometer nordöstlich von Sheik Husseins Wüstendorf, in Omans nicht minder heißer Hauptstadt Maskat. In seinem auf arktische Temperaturen herunter klimatisierten Büro des Tourismus-Ministeriums sitzt Ahmad al-Abhr und hat Großes vor: "Unser Ziel ist es, im Jahr 2020 fünf Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts mit Tourismus zu erzielen", erklärt er. Bislang seien es deutlich weniger als zwei Prozent. Jetzt aber soll der Tourismus zur zweitwichtigsten Einkommensquelle des Landes werden. "Sie wissen, wir haben Öl, aber die Ölvorkommen sind endlich", erinnert al-Abhr. Es reiche noch für dreißig, vielleicht vierzig Jahre. "Aber wir müssen andere Ressourcen erschließen und der Tourismus wird eine der Wichtigsten sein."

Ahmad Al Abhr vom Tourismus-Ministerium in Maskat, Foto: Sven Töniges/ DW
Hat Großes vor: Ahmad Al Abhr im Tourismus-Ministerium in MaskatBild: DW/Töniges

Ein ehrgeiziger Plan, das weiß auch Ahmad al-Abhr, im omanischen Tourismus-Ministerium stellvertretender Direktor für internationale Zusammenarbeit. Soeben verkündete seine Chefin, Ministerin Rajha bint Abdulameer das Vorhaben, Oman innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einer Top-Destination des Welttourismus zu machen. Zog es 2008 noch drei Millionen Touristen ins Sultanat, sollen es im Jahr 2020 bereits vier mal so viele, also 12 Millionen Besucher sein. Reichlich Wüste, Weihrauch und Wasser, nämlich über 3000 Kilometer Küste am Indischen Ozean, das hat das lange Zeit isolierte Sultanat seinen Besuchern zu bieten. Zahlreich sollen sie nun kommen – vor allem aber zahlungskräftig.

Kein Reiseland für Ottonormalverbraucher

Denn, so erklärt al-Abhr, als "Seine Majestät, der Sultan" und die Regierung beschlossen hätten, Oman dem Tourismus zu öffnen, seien sie sich der Risiken bewusst gewesen. Massentourismus wie an den Stränden Ägyptens wolle man nicht. "Denn dann würden wir unsere Traditionen, unser kulturelles Erbe und unsere Identität verlieren", warnt al-Abhr. "Deshalb schauen wir ein wenig darauf, welche Märkte wir bedienen und wer unsere Touristen sind."

Urlaubsziel für jedermann will Oman nicht werden, unverkennbar hat man das hochpreisige Marktsegment im Blick. Am besten zu besichtigen ist das vor den Toren Maskats. Hier entsteht "The Wave", eine riesige künstliche Lagune mit demnächst 4000 Villen und Appartementhäusern, drei Spitzenklasse-Hotels, 18-Lochgolfplatz und einem Hafen für 400 Luxus-Jachten. 2,9 Milliarden Euro sind für das Großbauprojekt veranschlagt. Der Tourismus der Zukunft, glaubt Ahmad al-Abhr, der wie alle Mitarbeiter der Ministerien "Dischdascha" und "Kofr" trägt, das klassische weiße Gewand und die traditionelle Kopfbedeckung der omanischen Männer. Aus gutem Grund sei Oman kein billiges Reiseland. "Wir würden gerne Besucher bei uns willkommen heißen, die Oman wirklich zu würdigen wissen, als Nation, als Kulturerbe, als Land. Deswegen siedeln wir die Preise etwas weiter oben an."

Rub al-Chali, die größte Sandwüste der Welt, Foto: Sven Töniges/DW
Rub al-Chali, das 'Leere Viertel': die größte Sandwüste der Welt soll Touristen ins Land locken.Bild: DW/Töniges

Weder "Horrorghada" noch Dubai

Den "Ballermann" will man sich gewiss nicht ins Land holen, allein das andere Ende des touristischen Spektrums aber auch nicht bedienen. "Waren Sie schon mal in Dubai?", fragt al-Abhr. Viele Besucher Dubais kombinierten ihre Reise mit einem Abstecher ins nahe Oman. Und die Allermeisten seien erstaunt, wie anders es hier sei. Dubai sei fraglos für Shopping attraktiv, glaubt al-Abhr. "Aber Leute, die wirklich reisen wollen, die Entspannung und Freude suchen, die kommen nach Oman."

Doch ob genug kommen werden, um den Wohlstand des vom Öl verwöhnten Sultanats erhalten zu können? Bis dato kommen vor allem Touristen aus Deutschland, Frankreich oder Benelux, die allermeisten aber aus England. In der Tradition des britischen Abenteurers Bertram Thomas also, der als Ur-Tourist vor 80 Jahren durch Omans Wüste ritt. In seiner großen Reiseerzählung "Arabia Felix" würdigte er die Vorzüge des Landes, daran erinnert sich Sheik Hussein mit Stolz: Bertram Thomas habe sogar die Felswüste erwähnt, in der sein Klan siedelte. "Er schrieb, hier gebe es die beste Luft."

Autor: Sven Töniges

Redaktion: Ina Rottscheidt