Opposition gewinnt Parlamentswahl im Kosovo
7. Oktober 2019Bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Kosovo haben sich drei Parteien ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Jetzt steht das kleine Balkanland vor einem Machtwechsel: Die Oppostionsparteien Vetevendosje und LDK gewannen laut Wahlkommission die Parlamentswahl mit 25,8 und 25 Prozent der Stimmen. Die aus der einstigen Rebellenbewegung hervorgegangene Partei PDK, die seit 2007 an der Macht war, erhielt 21,3 Prozent und gestand ihre Niederlage ein. Die Zahlen basieren auf der Auszählung von 95 Prozent der Stimmen.
Wahlbeteiligung höher als 2017
Die Allianz für die Zukunft des Kosovos (AAK) des ehemaligen Ministerpräsidenten Ramush Haradinaj vereinigte nur rund zwölf Prozent der Stimmen auf sich, ein Bündnis um die kleinere Partei Nisma etwa fünf Prozent. PDK, AAK und Nisma hatten die bisherige Regierung gebildet. Sie wurde die "Kriegskoalition" genannt, weil alle dieser Parteien aus der Aufstandsmiliz UCK hervorgegangen waren, die in den 1990er Jahren gegen die serbische Herrschaft gekämpft hatte.
Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlkommission bei 44 Prozent und damit 2,5 Prozentpunkte höher als 2017. Die vorgezogene Wahl wurde erforderlich, weil der seit 2017 amtierende Regierungschef Ramush Haradinaj im Juli zurückgetreten war - er musste sich vom Kosovo-Sondergericht in Den Haag befragen lassen. Der ehemalige regionale Kommandeur der Aufstandsmiliz UCK muss sich dort Vorwürfen wegen Kriegsverbrechen in den 1990er Jahren stellen.
Die stärkste Partei erhält den Auftrag zur Regierungsbildung. Nach aktuellen Hochrechnungen ist das die linke Partei Vetevendosje. Deren Spitzenkandidat ist der ehemalige Studentenführer und Rebell Albin Kurti. Dieser hatte sich früher durch eine neomarxistische, west-kritische und nationalistische Rhetorik ausgezeichnet. Zuletzt hat er aber seine Haltung deutlich gemäßigt.
Spitzenkandidatin der LDK ist Vjosa Osmani, eine Top-Juristin mit großer internationaler Erfahrung. Sie ist außerdem die erste Frau, die in der jungen Geschichte des seit 2008 unabhängigen Landes für das höchste Regierungsamt kandidiert. Die LDK wurde von Ibrahim Rugova gegründet, der 2006 starb und in den 1990er Jahren den gewaltlosen Widerstand gegen die serbische Herrschaft angeführt hatte, an dem er auch festhielt, als die UCK 1998 ihren bewaffneten Aufstand startete. Auch Haradinaj und seine AAK sowie Nisma und Parteien der nationalen Minderheiten könnten als Mehrheitsbeschaffer zur Verfügung stehen.
Auch Serben erhalten Parlamentssitze
Verkompliziert wird die Regierungsbildung im Kosovo durch das noch von der internationalen Gemeinschaft vor 2008 konzipierte Wahlrecht: Nur 100 der 120 Sitze werden nach dem Prinzip der Proportionalität vergeben. 20 Sitze sind für verschiedene ethnische Minderheiten reserviert. Den Serben stehen davon zehn Sitze zu. Deren Vertreter werden von der Regierung in Belgrad gelenkt, die sich mit dem Verlust des Kosovos bis heute nicht abgefunden hat.
Auch Russland, China und fünf EU-Länder erkennen die 2008 erklärte Unabhängigkeit der ehemals serbischen Südprovinz nicht an. Der UCK-Aufstand 1998/99 hatte eine massive serbische Repressionswelle mit Tötungen und Vertreibungen von kosovo-albanischen Zivilisten nach sich gezogen. Die NATO hatte 1999 mit Bombardierungen gegen Serbien interveniert, so dass Belgrad seine Verwaltung und Sicherheitskräfte aus dem Kosovo abzog. Von 1999 bis 2008 hatte die UN-Mission Unmik das Land verwaltet.
nob/gri (afp, ap, dpa, efe)