Dem Dorsch eine Chance
11. Oktober 2016Bis zum später Abend ging am Montag das Tauziehen der EU-Minister. Dann stand ein Kompromiss, den der deutsche Ernährungsminister Christian Schmidt als "schmerzhaft, aber notwendig" bezeichnete. In der westlichen Ostsee sinkt die Fachmenge um 56 Prozent gegenüber dem Vorjahr, in der östlichen Ostsee um ein Viertel.
Schmerzhaft ist der Rückgang für die Fischer, aber notwendig für die Fische: "Seit 20 Jahren wird der Dorsch in der westlichen Ostsee überfischt", sagt der Direktor des Rostocker Thünen-Instituts für Ostseefischerei, Christopher Zimmermann. Im Jahr 2015 sei die Nachwuchsproduktion dramatisch eingebrochen. Dadurch steige das Risiko, dass der Bestand an Dorsch ganz zusammenbreche.
Mehrjahrespläne
Deshalb hatte der Wissenschaftliche Rat für Meeresforschung (ICES) in den westlichen Ostseefanggebieten zuvor eine Reduzierung der Fangmenge um 88 Prozent gefordert. Die slowenische EU-Ratspräsidentschaft ließ nach der Sitzung mitteilen, der Kompromiss folgte weitgehend den Empfehlungen aus dem Mehrjahresplan, den die EU im Sommer beschlossen hatte.
Mit dem Plan will die Gemeinschaft erreichen, dass bis spätestens 2020 alle Fisch-Bestände auf einem langfristig verträglichen Niveau befischt werden. Ab dem kommenden Jahr gilt solch ein Plan erstmals für alle Ostsee-Bestände.
"Schmerzhaft" sind die Luxemburger Vorgaben vor allem für deutsche Fischer aus Schleswig-Holstein. Anders als ihre Kollegen an der Küste weiter östlich sind sie vor allem vom Dorsch abhängig. Wäre es zu der ursprünglich geforderten Quotenreduzierung um 88 Prozent gekommen, hätte wohl jeder zweite Berufsfischer in der Gegend die Netze einpacken können.
Die Sprottenquote steigt
Nach Angaben des Agrarministers in Mecklenburg-Vorpommern haben ohnehin schon viele Fischer aufgegeben. Seit 1990 ist demnach die Zahl der Berufsfischer um mehr als tausend auf jetzt noch 250 Betriebe zurückgegangen.
Hering und Scholle dürfen die Fischer im neuen Jahr in größeren Mengen fangen, auch die Sprottenquote steigt, beim Lachs ändert sich kaum etwas. Aber auch die stark reduzierte Fangmenge beim Dorsch halten Umweltschützer für unzureichend. Sie sprechen von einer "politischen Quote". Der Greenpeace-Fischereiexperte Thilo Maack sagte am Dienstag, erneut hätten sich die EU-Fischereiminister den Interessen der Fischerei-Industrie gebeugt. Wissenschaftlichen Vorgaben seien sie nicht gefolgt.
ar/ul (dpa, afp)