Papst empfängt Merkel in Audienz
18. Mai 2013Die Audienz fand in der päpstlichen Privatbibliothek im Apostolischen Palast im Vatikan statt und dauerte mit rund 45 Minuten ungewöhnlich lange. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen nach Angaben der Kanzlerin Fragen der Globalisierung und die Rolle der Europäischen Union in der Welt.
"Europa wird gebraucht"
Franziskus habe deutlich gemacht, "dass Europa gebraucht wird auf der Welt, dass wir ein starkes, gerechtes Europa brauchen", teilte Merkel mit. Ein weiteres Thema sei die Regulierung der Finanzmärkte gewesen, so Kanzlerin weiter.
Die gegenwärtige Finanzkrise sei aus einem Mangel an sozialer Marktwirtschaft und wegen fehlender Leitplanken im Finanzsektor entstanden. Eine solche Entgleisung dürfe sich nicht wiederholen, betonte Merkel. Der aus Argentinien stammende Papst hatte vor kurzem eine "Tyrannei" der Märkte verurteilt und ethisch ausgerichtete Finanzreformen mit mehr Hilfe für die Armen verlangt. Geld solle dienen und nicht regieren, hatte Franziskus gefordert.
Das ausführliche Gespräch mit Franziskus bedeute für sie auch Anerkennung für Deutschland, sagte Merkel. Franziskus könne die Menschen durch "einfache und berührende Worte" erreichen. Für sie, so die Bundeskanzlerin weiter, sei es wichtig, die Grundlagen der Gesellschaft zu pflegen, und dabei spiele die katholische Kirche eine zentrale Rolle.
Lyrik und Musik
Als Geschenk brachte Merkel dem Papst eine Gesamtausgabe des deutschen Lyrikers Friedrich Hölderlin (1770 - 1843) von 1905 in Leder und Goldschnitt sowie eine Gesamtausgabe des Dirigenten und Komponisten Wilhelm Furtwängler auf 107 CDs mit. Franziskus hatte in früheren Interviews Hölderlin als einen seiner Lieblingsdichter bezeichnet und bei einer seiner ersten Audienzen auf Deutsch aus einem Werk von ihm zitiert. Ebenso hatte er in früheren Gesprächen zu erkennen gegeben, dass er die Aufführungen von Furtwängler schätze.
Es war die zweite Begegnung der Bundeskanzlerin mit Papst Franziskus. Am 19. März hatte sie im Vatikan an der Messe anlässlich seiner Amtseinführung teilgenommen und ihn persönlich zu seiner Wahl zum Nachfolger von Benedikt XVI. beglückwünscht. Bereits damals, so die Kanzlerin jetzt, habe sie das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche zu einem Besuch nach Deutschland eingeladen.
wl/gmf/re/sc (dpa, epd, kna)