Parlament erteilt Sánchez eine Absage
23. Juli 2019Bei der ersten Parlamentsabstimmung über die Wiederwahl des Regierungschefs hat Pedro Sánchez eine klare Niederlage erlitten. 170 Abgeordnete stimmten gegen ihn, aber nur 124 Abgeordnete für den 47-Jährigen. 52 enthielten sich und vier gaben keine Stimme ab.
Die im ersten Wahlgang notwendige absolute Mehrheit von 176 Stimmen verpasste der Vorsitzende Sozialistischen Arbeiterpartei PSOE damit deutlich. Gemäß spanischer Verfassung wird nun 48 Stunden später, also am Donnerstag, eine zweite Abstimmung stattfinden.
Mehrheitsbeschaffer gesucht
Dann genügt dem derzeit geschäftsführenden Regierungschef Sánchez eine einfache Mehrheit, also mehr Ja- als Nein-Stimmen. Ob das gelingt, ist noch unklar. Die PSOE stellt im 350 Sitze zählenden Parlament von Madrid nach der Parlamentswahl vom 28. April 123 Abgeordnete. Sie strebt eine Koalitionsregierung mit dem linken Partei-Bündnis Unidas Podemos (UP) an, die 42 Mandate hält.
Bei den noch laufenden Verhandlungen mit der UP über die Bildung einer Koalition gab es am Dienstag noch kein Abkommen, die Gespräche kommen seit Wochen nicht voran. Um überhaupt Chancen auf eine Wiederwahl in der zweiten Runde zu haben, benötigt er die Unterstützung des Podemos-Bündnisses.
Bei der Abstimmung an diesem Dienstag enthielt sich Unidas Podemos geschlossen der Stimme. Jedoch werteten Medien wie die einflussreiche Zeitung "El Mundo" dies als Zeichen der Bereitschaft, bis zum zweiten Votum weiterzuverhandeln.
Schreckgespenst - Neuwahl oder Blockade
Scheitert Sánchez am Donnerstag erneut, beginnt der Countdown: Hat die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone innerhalb von zwei Monaten nach der ersten Parlamentsabstimmung keine neue Regierung, muss König Felipe VI. Neuwahlen ansetzen.
Die PSOE hatte die Parlamentswahl im April zwar gewonnen, die absolute Mehrheit aber deutlich verpasst. Nach Konsultationen mit allen Parteichefs hatte der König Sánchez im Juni zum Kandidaten für das Amt des Regierungschefs ernannt.
Sánchez ist seit einem Misstrauensantrag gegen seinen konservativen Vorgänger Mariano Rajoy im Juni 2018 im Amt. Er führt seither eine Minderheitsregierung. Sollte sich das Parlament nicht mehrheitlich auf Sánchez einigen, könnte Spanien - wie bereits 2016 - eine neue Blockade drohen. Damals war das Land fast ein Jahr lang ohne reguläre Regierung.
qu/kle (dpa, afp, rtr)