Guantanamo
14. Januar 2009Bei 18 dieser Ex-Gefangenen gebe es Beweise, dass sie direkt in "terroristische Aktivitäten" verwickelt seien, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Geoff Morrell, am Dienstag (13.01.2009) in Washington. Bei 43 weiteren deuteten Geheimdienstinformationen darauf hin. Damit sei die vermutete Rückfallquote ehemaliger Guantanamo-Häftlinge auf elf Prozent gestiegen.
Diese Schätzung vom Dezember beruhe auf Erkenntnissen auf der Grundlage gefundener Fingerabdrücke, dem Abgleichen von DNA- und Fotomaterial sowie von "verlässlichen, bestätigten und fundierten" Geheimdienstberichten, erklärte der Pentagon-Sprecher. Morrell wollte weder Namen der mutmaßlichen Terroristen nennen noch mitteilen, in welche Länder die ehemaligen Guantanamo-Insassen entlassen worden waren.
Wohin mit den Gefangenen?
Der neue US-Präsident Barack Obama will Guantanamo schließen. Nach Angaben eines Beraters will Obamab die Schließung möglicherweise schon in der ersten Woche nach seinem Amtsantritt am 20. Januar anordnen. Dennoch dürfte es noch eine Weile dauern, bis das umstrittene Lager tatsächlich geschlossen wird, da zuvor noch Aufnahmeländer für diejenigen Häftlinge gefunden werden müssen, die weder in ihre Heimat zurückkehren können noch in den USA bleiben wollen.
Deutschland und andere Staaten prüfen, ob sie Gefangene aufnehmen, denen bei ihrer Rückkehr in ihre Heimatländer Verfolgung oder gar Folter drohen würde, etwa Angehörige der Minderheit der Uiguren aus der Volksrepublik China. Derzeit sind noch rund 250 Männer in dem Lager auf dem US-Marinestützpunkt auf Kuba inhaftiert. Von ihnen sollten nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium in Washington rund 110 eigentlich nie mehr freikommen, weil sie zur Gefahr für die USA werden könnten.
Reaktion auf Anschläge vom 11. September
Das Lager war nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001 eingerichtet worden. Nach dem Angriff auf das Taliban-Regime in Afghanistan wurden Anfang 2002 die ersten Gefangenen nach Guantanamo gebracht, meist in Afghanistan und Pakistan festgenommene mutmaßliche Kämpfer der Taliban und des Terrornetzwerks El Kaida.
Die Regierung von Präsident George W. Bush verweigerte ihnen den Status von Kriegsgefangenen. Sie stufte die Häftlinge als so genannte ungesetzliche feindliche Kämpfer ein. Damit gilt für sie nicht die Genfer Konvention, die faire Gerichtsverfahren verlangt und Folter und erniedrigende Behandlung verbietet.
Kritik von Menschenrechtlern
Menschenrechtsverbände liefen von Anfang an Sturm gegen das Camp, in dem zeitweise mehrere hundert Gefangene inhaftiert waren. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und andere humanitäre Organisationen kritisierten die dort vom US-Militär praktizierten so genannten harschen Verhörmethoden als Folter.
Auch Minderjährige und offensichtlich Unschuldige, wie der aus Bremen stammende Türke Murat Kurnaz, waren jahrelang ohne Prozess in Guantanamo inhaftiert. Das Gefangenenlager fügte dem Ruf und dem Ansehen der USA international schweren Schaden zu.
Prozess gegen Chefplaner von El Kaida
Derzeit läuft vor einem Militärtribunal in Guantanamo ein Prozess gegen den mutmaßlichen Chefplaner der Anschläge vom 11. September, Chalid Scheich Mohammed, das mutmaßliche Mitglied der Hamburger El-Kaida-Zelle, Ramzi Binalshibh und drei weitere Angeklagte. Sie hatten im Dezember angekündigt, ihre Beteiligung an den verheerenden Terroranschlägen gestehen zu wollen.
Unterdessen glaubt der scheidende US-Präsident George W. Bush auch nach jahrelanger vergeblicher Suche fest daran, dass El-Kaida-Chef Osama bin Laden eines Tages gefasst wird. Er sei "absolut sicher", sage Bush in einem Fernsehinterview. Die USA hätten "einfach sehr viele Leute", die nach dem Drahtzieher des 11. September suchten. (wl)