Pistorius-Prozess geht 2014 in nächste Runde
19. August 2013Am Montag (19.08.2012) begann der Prozess gegen den beinamputierten Sprintstar Oscar Pistorius mit der Übergabe der Anklageschrift. Die südafrikanische Staatsanwaltschaft hat Pistorius formell des vorsätzlichen Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp angeklagt. Die Hauptverhandlung setzte der Richter vom 3. bis 20 März 2014 an.
Hunderte Kameraleute und Fotografen drängten sich zum Auftakt des Prozesses in den Gerichtssaal in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria. Auch mehr als ein halbes Jahr nach der tödlichen Nacht vom 14. Februar 2013 hat das Interesse an dem Kriminalfall um Südafrikas ehemaliges Traumpaar nicht nachgelassen. Der mehrfache Paralympics-Sieger Pistorius hatte seine Freundin mit mehreren Schüssen durch die geschlossene Toilettentür getötet.
Pistorius' Verteidigung spricht von einer tragischen Verwechslung. Er habe hinter der Tür einen Einbrecher vermutet und in Panik geschossen. Der Angeklagte, der sich gegen Kaution auf freiem Fuß befindet, erschien sichtbar niedergeschlagen mit seinen Geschwistern Carl und Aimee im Gerichtssaal. Hand in Hand beteten die drei. Die Schwester brach in Tränen aus.
Lange Beweisaufnahme erwartet
In ihrer 11-seitigen Anklageschrift hat die Staatsanwaltschaft jetzt dargelegt, dass sie von einem vorsätzlichen Mord ausgeht. Darauf steht eine lebenslängliche Haftstrafe. "Wir haben genug Beweise und Informationen, um sie dem Gericht vorzulegen", sagte der Sprecher der Nationalen Anklagebehörde Südafrikas, Medupe Simasiku.
In der Hauptverhandlung will allein die Staatsanwaltschaft 107 Zeugen, darunter Mediziner, ballistische und forensische Experten aufrufen. Der südafrikanische Justizexperte Stephen Tuson erwartet ein komplexes Verfahren. Das Verteidigungsteam werde jedes Detail der Tatnacht, "jeden Atemzug und jede Bewegung" vor Gericht auswerten, sagte Tuson der Deutschen Welle. Das könne auch mehr als die 17 zunächst angesetzten Verhandlungstage in Anspruch nehmen.
Zu den Details, um die voraussichtlich gestritten wird, gehört, ob Pistorius am gemeinsamen Bett, in dem er und Steenkamp geschlafen hatten, zweimal vorbeigehen konnte, ohne das Fehlen seiner Freundin zu bemerken. Denn seine Verteidiger behaupten, er habe Steenkamp im Bett vermutet und hinter der Toilettentür einen gefährlichen Räuber. Ballistische Experten werden wohl darüber streiten, aus welcher Höhe Pistorius die Schüsse abgab. Der Angeklagte gab an, er habe sich ohne seine Prothesen auf dem Boden bewegt und sich daher besonders verwundbar gefühlt. Laut Anklage deuten die Flugbahnen der Geschosse allerdings darauf hin, dass Pistorius auf seinen Prothesen gestanden habe. Auch zu der Frage, ob das Paar sich gestritten hatte und Pistorius daher ein Mordmotiv hatte, werden Zeugen geladen werden.
Sorge über Sonderbehandlung
Laut Beobachtern wie Tuson droht Pistorius, falls er den Mordvorsatz erfolgreich abstreite, eine Verurteilung wegen anderer Tatbestände. "Selbst wenn er wegen Mordes freigesprochen werden sollte, muss er mit einem Urteil wegen fahrlässiger Tötung rechnen", so Tuson weiter. Zudem hatte die Staatsanwaltschaft angedeutet, Pistorius auch wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz anzuklagen. Seine Pistole war zwar legal und angemeldet, nicht aber die von ihm verwendete, großkalibrige Munition.
Die Emotionen kochen in Südafrika unterdessen nicht nur im Gerichtssaal hoch. Im ganzen Land verfolgen Menschen den Prozess, so auch Nick Hadebe aus Johannesburg. Er ist strikt gegen jede Sonderbehandlung für den Star: "Er muss behandelt werden wie jeder andere auch. Er muss bezahlen für das, was er getan hat." Andere Südafrikaner halten jedoch weiter zum "Bladerunner" Pistorius. Als erster behinderter Sportler mit Hightech-Prothesen hatte Pistorius an den Olympischen Spielen teilgenommen und weltweit für positive Schlagzeilen für sein Heimatland gesorgt.