Politiker entsetzt
3. Juni 2007Die Bundesregierung hat die massiven Krawalle bei der Anti-G8-Demonstration in Rostock mit fast 1000 Verletzten scharf verurteilt und sich klar hinter das Vorgehen der Polizei gestellt. "Die schockierenden Ausbrüche brutaler Gewalt sind entsetzlich und werden von der Bundesregierung verurteilt", sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Sonntag (3.6.07) in Berlin. Die Prognosen der Polizei zu möglichen Ausschreitungen seien "leider sehr zutreffend" gewesen. Der Schutz der friedlichen Versammlungen und des G8-Gipfels müssten höchste Priorität haben. Die Polizei habe sein volles Vertrauen.
Kritische Fragen
Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff, erklärte, dem Anliegen der friedlichen Globalisierungskritiker hätten "diese gewalttätigen Autonomen" einen Bärendienst erwiesen. Ringstorff betonte, offensichtlich seien einige nicht wegen des Protestes gegen den G8-Gipfel, sondern mit dem Vorsatz angereist, Straftaten zu verüben. Trotz der massiven Ausschreitungen will Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) weiter auf Deeskalation setzen. Aber bei den vielen friedlichen Demonstranten gebe es auch Chaoten. "Sie haben nur ein Ziel, Gewalt auszuüben", sagte Caffier am Sonntag. Gegen Gewalttäter werde die Polizei weiter mit allen Mitteln des Rechtsstaats vorgehen.
Sein sächsischer Kollege Albrecht Buttolo gab Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble eine Mitschuld an den Ausschreitungen. Der CDU-Politiker warf seinem Parteifreund in der "Bild"-Zeitung vor, die Länder bei der Gefahrenabwehr allein gelassen zu haben. Der Bund müsse sich kritisch fragen, "ob sein Engagement im Rahmen des G8-Gipfels bisher ausreichend war oder ob man Mecklenburg-Vorpommern und die anderen Bundesländer alleingelassen hat", wird Buttolo zitiert. Dies gelte auch für die Grenzkontrollen. "Die Tatsache, dass zahlreiche ausländische Gewalttäter bei den Krawallen dabei waren, ist aus meiner Sicht unerklärlich", sagte er den Angaben zufolge.
Beckstein für mehr Härte
Auch Grünen-Chefin Claudia Roth verurteilte die Gewalttätigkeiten. "Es ist wirklich schmerzlich, dass jetzt die brutalen Ausschreitungen gewaltbereiter Autonomer diese Demonstration überschatten", erklärte sie in Berlin. "Wir verurteilen diese Gewalt, die Gewalttäter haben damit dem Protest für eine gerechte Globalisierung einen Bärendienst erwiesen."
Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) sprach sich im "Münchner Merkur" für ein härteres Vorgehen der Polizei aus. "Zehntausende Menschen sind nach Rostock gekommen, um friedlich zu demonstrieren. Auch zu ihrem Schutz hätte man schärfere Vorkontrollen durchführen müssen", wird er zitiert. Zugleich erhob der CSU-Politiker Vorwürfe gegen die Organisatoren der Demonstration. "Attac muss an seine Anhänger appellieren, Gewalttäter anzuzeigen. Wer das nicht tut, trägt eine moralische Mitschuld an den Gewalttaten", sagte er.
Attac distanziert sich von Autonomen
Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach rief in der "Kölnischen Rundschau" das Netzwerk Attac auf, sich von Rechtsbrüchen wie Blockaden eindeutig zu distanzieren. Zugleich räumte er ein, dass es kein Patentrezept gegen Gewalt bei Demonstrationen gebe. Anders als Fußballklubs könnten Demonstrationsveranstalter nicht auf ein Hausrecht zurückgreifen.
Attac-Sprecher Peter Wahl sagte in Rostock, das Netzwerk wolle die gewaltbereite Autonomenszene nach den Krawallen nicht mehr auf den Demonstrationen haben. "Die haben mit uns nichts zu tun", sagte er im Fernsehsender n-tv. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung", es sei bedauerlich, dass die eigentlichen Themen des Gipfels in den Hintergrund gedrängt würden. "Jetzt wird nur noch über Randale geredet", erklärte er. Bestürzend und bedrückend nannte er es, dass so viele Polizeibeamte verletzt worden seien.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sprach von einer neuen Qualität der Gewalt. Kritik am Polizeieinsatz wies er zurück. Die Einsatzmaßnahmen müssten so gewählt werden, dass Leben und Gesundheit der Polizeikräfte nicht gefährdet seien. (stu)