Zardari vereidigt
9. September 2008Asif Ali Zardari wurde am 6. September 2008 von der Wahlversammlung aus den vier Provinzparlamenten und dem Parlament in Islamabad zum Präsidenten gewählt worden. Am Dienstag (9.9.) fand seine Vereidigung statt. Zardari folgt dem einstigen Militärmachthaber Pervez Musharraf auf dem Posten nach, der unter dem Druck der von der Pakistanischen Volkspartei (PPP) geführten Regierung zurückgetreten war.
Wer ist der neue starke Mann Pakistans?
Seit Zardari Ende der 1980er Jahre im Schlepptau seiner Frau Benazir Bhutto die politische Bühne betrat, sorgte er vor allem für Negativschlagzeilen. Die Anschuldigungen gegen ihn reichen von Korruption und Geldwäsche bis zu Erpressung und Mord. Seine Gegner sind überzeugt, dass er aufgrund zahlreicher Gerichtsverfahren und Gefängnisaufenthalte als ernstzunehmender politischer Führer eigentlich nicht tragbar ist. Erstmals musste der Lebemann 1990 hinter Gitter. Kurz zuvor war Benazir Bhutto, die bis dahin ihre Hand schützend über ihn gehalten hatte, als Premierministerin entmachtet worden. Zardari wurde vorgeworfen, einen Geschäftspartner zur Herausgabe einer hohen Geldsumme gezwungen zu haben. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, soll er dem Opfer eine Bombe ans Bein gebunden haben.
Zwischen 1993 und 1996 besetzte Zardari einflussreiche Posten in der neuen Regierung seiner Frau - unter anderem war er Minister für öffentliche Ausgaben. Da er jedoch vor allem in die eigene Tasche investierte, wurde er vom Volk bald nur noch "Mister 10 Prozent" genannt. In dieser Zeit soll Zardari ein Millionenvermögen illegal auf ausländische Konten geschleust haben.
Besonders schwer wiegen die Vorwürfe von Zardaris Nichte, Fatima Bhutto. Die junge Schriftstellerin macht ihn für den Tod ihres Vaters Murtaza Bhutto verantwortlich. Der ältere Bruder Benazirs war 1996 in Karachi auf offener Straße erschossen worden. Zuvor, so berichtete Fatima Bhutto in einem Interview, habe es häufig Streit zwischen ihrem Vater und Zardari gegeben. Zardari, so der Vorwurf, habe die PPP zu einer "Gelddruckmaschine für die feudalistische Volkspartei-Führung" umgebaut. Wenige Wochen nach den Schüssen von Karachi verlor Benazir Bhutto die Macht und Zardari wanderte erneut ins Gefängnis. Erst 2004 wurde er entlassen und folgte seiner Frau und den drei Kindern ins Exil nach Dubai. Rechtskräftig verurteilt wurde Zardari allerdings nie. Nach seiner Darstellung waren die Anschuldigungen politisch motiviert.
Sein Weg an die Macht
Der 27. Dezember 2007, der Tag an dem Benazir Bhutto Opfer eines Attentats wurde, hat nicht nur Pakistan, sondern auch das Leben Zardaris grundlegend veränderte. Der Witwer eilte auf die Todesnachricht hin zurück ins Land und entschied, ihr politisches Erbe anzutreten. Benazir habe ihn ausgesucht, das angefangene Werk fortzusetzen: "Sie kannte meine mentale Verfassung, sie wusste, dass ich der Verantwortung gerecht werden kann, sie hat mich unter Stress erlebt, in den Jahren, die ich im Kerker verbracht habe. Wenn mich jemand wirklich gekannt hat, dann war sie es, so Zardari." Seine ermordete Frau sah das wohl anders. Sie wollte, dass der gemeinsame Sohn Bilawal das politische Erbe der Bhutto-Dynastie übernimmt. Da der 19-Jährige aber noch in Oxford studiert, rückt nun der Vater in der erste Reihe der pakistanischen Politik vor.
Auch Kritiker wie der Chefredakteur der einflussreichen Tageszeitung "Daily Times", Najam Sethi, gestehen ein, dass Zardari zuletzt politisch äußerst geschickt agierte. Präsident Pervez Muscharraf aus dem Weg zu räumen, das sei ein ziemlicher Brocken gewesen, so Sethi. Und auf einmal hat Zardari so viel Macht wie nie zuvor in seinem Leben: "Die große Veränderung besteht darin, dass Zardari bei Benazir politisch gesehen nicht mal die zweite Geige gespielt hat, sondern eher die dritte, gibt Sethi zu bedenken. Seine Frau habe ihn immer von wichtigen Entscheidungsprozessen ferngehalten. Das letzte Jahr ihres Lebens war er in New York und sie in Dubai und London."
Zardari steht vor großen Herausforderungen
Pakistan steckt mitten in einer Wirtschaftskrise, gleichzeitig greifen militante Islamisten immer offener die bestehende Ordnung an. Den Kampf gegen den Terrorismus erklärte Zardari deshalb schon zu einer seiner wichtigsten Aufgaben. Ein grundsätzlicher Kurswechsel ist von ihm nicht zu erwarten, auch die bislang engen Beziehungen zu den USA stehen wohl nicht zur Disposition. Daran ändern wohl auch die Angriffe von US-Truppen auf pakistanischem Gebiet nichts, die sich gegen Anhänger der Taliban und des Terrornetzwerks Al Kaida richten. Die Frage ist jetzt, ob Zardari den Aufgaben gewachsen ist. (qu)