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Presseschau: Vorsichtiger Optimismus

23. März 2006

Die Ankündigung der baskischen Terror-Organisation ETA wird in den meisten europäischen Zeitungen als historisch kommentiert. Dennoch gibt es zahlreiche Gründe, die zur Vorsicht mahnen.

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"ABC" (Madrid)

"Die spanische Regierung verdient - noch vor allen anderen Erwägungen - das Vertrauen der Spanier, mit der neuen Situation richtig umzugehen. Ihr Ziel muss es sein, dass die Terrorbande der ETA die Waffen niederlegt, ohne dass die Regierung einen politischen oder einen anderen Preis dafür zahlt. Es gibt mehr als genügend Argumente, die es rechtfertigen, von der ETA zu verlangen, die Hoffnungen auf einen Ertrag für den grausamen Terror aufzugeben. Dazu gehören die Amnestie für inhaftierte ETA-Mitglieder in den 70er Jahren, die demokratische Verfassung Spaniens, die Autonomie des Baskenlands und die Leiden der Terroropfer."

"Corriere della Sera" (Mailand)

"Das Ereignis, das man als historisch bezeichnen kann, wenn die Dinge tatsächlich zu einem guten Ende führen, hat viele Spanier nicht überraschend getroffen. Seit den ersten tödlichen Attentaten im Jahr 1968 sind 38 Jahre vergangen mit mehr als 800 Opfern dieser blutigen Kampagne, die das Ziel hatte, einen unabhängigen baskischen Staat zu schaffen. (...) Zugleich aber wird das Gespenst eines Referendums über die Zukunft des Baskenlandes angedeutet, das wiederum vielen Spaniern den Schlaf raubt, die Angst haben, dass Spanien eines Tages das Baskenland sowie Katalonien verlieren könnte. Man versteht daher, dass die politischen Reaktionen auch von Vorsicht gekennzeichnet sind."

"The Times" (London)

"Alles hängt davon ab, was die ETA unter 'dauerhaft' versteht. Der vorige Waffenstillstand von 1998 - der zehnte - dauerte nur ein Jahr. Aber es gibt gute Gründe zur Annahme, dass man der ETA dieses Mal glauben darf - auch wenn die Polizei sagt, dass die ETA ihren Hang zur organisierten Kriminalität nicht verlieren wird."

"The Guardian" (London)

"Auf diese Ankündigung haben die Spanier seit sehr langer Zeit gewartet. Das kann der Beginn eines echten Friedensprozesses sein. Allerdings sind solche Ankündigungen schon mehrfach gebrochen worden. Und die Art der Ankündigung war eine Erinnerung daran, wie schwer es sein wird, Vertrauen zu gewinnen: Die drei Gestalten mit schwarzen Baskenmützen und in paramilitärischer Uniform wirkten nicht gerade wie Garanten für Frieden und Demokratie. Dies war ohne Zweifel der Grund dafür, dass die Antwort der Regierung von Jose Luis Zapatero so vorsichtig ausfiel."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung"

"Als die Sprecherin der Vermummten ihre 'Botschaft an das baskische Volk' verkündete, war von Reue, Schuldeingeständnis oder auch nur einem Wort der Achtung für die mehr als 800 Todesopfer nicht die Rede. Die Erklärung kam vielmehr mit einem falschen Selbstbewußtsein daher. Zunächst ging es um einen "Anstoß für einen demokratischen Prozeß", als gäbe es die gefestigte Demokratie im spanischen Staat gar nicht. (...) Dennoch ist die versprochene Terrorpause für alle Spanier ein Grund zur Erleichterung. Sie ist auch der bislang größte Triumph für Zapatero, der sie zur Bedingung für Verhandlungen machte. Diese werden voller Fallstricke sein und - nach dem neuen Autonomiestatut für Katalonien - Spaniens nationale Einheit abermals auf die Probe stellen." (kas)