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Private Sicherheitsfirmen: "Wir könnten die Lücke schließen"

Das Gespräch führte Steffen Leidel 20. Mai 2006

Private Sicherheitsfirmen könnten die Friedensmission der UNO und der EU in der DR Kongo erleichtern, sagt Doug Brooks, ein Interessenvertreter der privaten Militärindustrie, im Interview mit DW-WORLD.DE.

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Französischer Soldat in BuniaBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

DW-WORLD.DE: Der Einsatz der Bundeswehr im Kongo ist umstritten. Die Risiken sind nur schwer abzuschätzen. Private Militärfirmen haben in der Vergangenheit immer wieder das Angebot gemacht, sich bei heiklen Militärmissionen zu beteiligen - besonders aktiv ist die private Militärindustrie bereits im Irak. Könnten solche Firmen den Kongo-Einsatz besser stemmen als die Bundeswehr oder EU-Soldaten?

Doug Brooks: Nein, es gibt kein Unternehmen, das über die Ressourcen und Fähigkeiten verfügt wie eine NATO-Truppe. Die entscheidende Frage ist aber, ob genügend Truppen stationiert werden und ob diese Soldaten auch da eingesetzt werden, wo sie wirklich gebraucht werden. Es ist schon interessant, dass die EU-Soldaten in der Hauptstadt Kinshasa tätig werden sollen und nicht im Osten des Landes, wo sie am dringendsten gebraucht würden. Private Firmen könnten diese Lücke schnell füllen und die kritischen, humanitären Sicherheitsaufgaben dort übernehmen.

Wie teuer wäre solch ein Einsatz?

Es gibt die Faustregel, dass der private Sektor nur zwischen 10 und 33 Prozent der Kosten verursacht, die die UNO verursachen würde - egal um welche Aufgabe es sich handelt.

Gibt es denn konkrete Pläne für einen Einsatz von privaten Sicherheitsfirmen im Kongo?

Es gibt bereits einige Unternehmen, die die jetzigen MONUC-Operationen unterstützen.

Ihr Verband IPOA hat bereits 2003 die Bildung eines Konsortiums vorgeschlagen, das im Kongo aktiv werden sollte. Was ist daraus geworden?

Die Idee war, die UN-Friedenstruppen in ihrer Mission zu unterstützen. Es gab einen Plan, Kongolesen in Grenzsicherungs- und Polizeiaufgaben zu schulen. Vorgesehen war auch, dass wir Flugüberwachung leisten, um die beschränkten Ressourcen der UNO zu maximieren. So sollten auch zusätzliche Hubschrauber zur Verfügung gestellt werden, um die Blauhelme schnell in kritische Gebiete zu bringen. Eine schnelle Polizeieinheit mit Kongolesen und nepalesischen Gurkhas stand bereit, um in maximal vier Stunden im Ostkongo den UN-Einheiten im Notfall beizustehen. Das ganze hätte nur 10 Prozent von dem gekostet, was aktuell aufgebracht wird. Obwohl wir viel Unterstützung von den Kongolesen bekommen haben, wurde der Plan am Ende nicht umgesetzt.

Was geschah stattdessen?

Die MONUC wurde schon etwas verstärkt - besonders mit Hubschraubern. Aber sie ist nach wie vor zu schlecht ausgerüstet, um ihre Mission effektiv zu erfüllen. Seit wir unser Konzept präsentiert haben, sind eine Million Menschen im Kongo als Folge des Konflikts gestorben. MONUC ist eben eine klassische UN-Friedensmission: Der Westen ist froh darüber, eine solche Mission zu auf den Weg zu bringen, versäumt es aber, selbst Truppen zu entsenden für ein schlagkräftiges Mandat. Das Ergebnis: die ärmsten Länder dieser Welt müssen die schwierigsten Friedensmissionen ausführen. Kommt es dann zu humanitären Desastern, machen wir die UNO für das Scheitern verantwortlich.

Welche Länder übernehmen denn die meiste Verantwortung?

Fast die Hälfte aller UN-Friedenstruppen stammt aus Südasien. Deutschland liegt auf dem 37. Platz, was die Beteiligung an Friedenstruppen angeht. Es liegt hinter der Slowakei, Ruanda oder Togo.

Wo ist die private Militärindustrie derzeit tätig?

Im Prinzip sind an jeder Friedensoperation auf der Welt private Sicherheitsfirmen beteiligt. Sie übernehmen Aufgaben wie Minenräumung, medizinische Versorgung, Security, Logistik, etc. Jede Friedensmission auf der Welt braucht den privaten Sektor. Und ja, das bedeutet auch zunehmend den Einsatz bewaffneter privater Sicherheitsfirmen.

Kritiker sagen, dass private Sicherheitsfirmen nicht unbedingt für Friedensmissionen geeignet sind. In diesem Zusammenhang wird immer wieder von einer neuen Form des Söldnertums gesprochen.

Es gibt keine allgemein akzeptierte Definition von "Söldner" - das ist ein dummer und abschätziger Begriff. Die privaten Sicherheitsfirmen haben ihre ethischen Prinzipien und tun oft das, was eigentlich die westlichen Streitkräfte tun sollten.

Doug Brooks ist Präsident der International Peace Operations Association (IPOA) mit Sitz in Washington, ein Interessenverband von privaten Sicherheitsfirmen (PSF). PSF übernehmen immer häufiger Aufgaben, die einst den Streitkräften vorbehalten waren. Sie sorgen für Nachschub und Logistik der Truppen, reparieren und warten Waffensysteme oder stellen Militärtrainer.