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"Joker" führt mit elf Oscar-Nominierungen

Jochen Kürten
13. Januar 2020

Ein paar Favoriten, kaum Überraschungen: Die Nominierungen für die Oscars 2020 sind Geschichte. Die Golden Globes haben es vorgemacht: "Joker", "The Irishman" und "Once Upon a Time in Hollywood" gehören zu den Favoriten.

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Internationale Filmfestspielen Venedig l Film Joker gewinnt den Goldenen Löwen
Bild: Imago Images/Prod.DB/Warner Bros.,BRON Studios

Das Rennen ist offen. Bei der 92. Oscar-Nacht am 9. Februar dürfen vor allem die Filme auf eine Auszeichnung hoffen, die schon vor ein paar Tagen bei den Golden Globes im Mittelpunkt standen. "Joker" errang jetzt bei den Oscar-Nominierungen elf Nennungen, "The Irishman" bekam zehn, auf die gleiche Anzahl kommt "Once Upon a Time in Hollywood". Auch der Kriegsfilm "1917", der bei den Golden Globes vor kurzem die wichtige Trophäe in der Sparte "Bestes Drama" erhalten hatte, wurde zehnmal nominiert, gleichfalls in den wichtigen Kategorien.

Die Nominierungen sagen oft nicht viel über die tatsächlichen Oscars aus

Dass allein die Anzahl der Nominierungen beim eigentlichen Oscar-Abend keine Rolle mehr spielt, hat die Geschichte dieses Filmpreises oft genug bewiesen. So wurden oft vielfach nominierte Filme bei den Oscars abgestraft, andere hingegen, mit weniger Nominierungen, durften dann aus dem Vollen schöpfen.

Martin Scorsese
Martins Scorseses "Netflix"-Produktion "The Irishman" wurde zehnmal nominiertBild: picture-alliance/dpa/EPA/G. Horcajuelo

Bei den Golden Globes haben rund 90 in den USA akkreditierte Journalisten aus dem Ausland entschieden, bei den Oscars sind es rund 9000 gewählte Mitglieder der Oscar-Academy. Dazu gehören Vertreter aus allen Berufszweigen der Branche. Es sind also vor allem die Kreativen selbst, die entscheiden: Regisseure und Autoren, Produzenten und Schauspieler.

Neun Filme streiten um den Oscar-Titel "Bester Film"

Beim Blick auf die Königs-Disziplin "Bester Film" trifft man auf viele alte Bekannte: Das Gangster-Drama "The Irishman" ist dabei, der umstrittene "Joker", Tarantinos Hollywood-Ode "Once Upon a Time in Hollywood", das Kriegsdrama "1917". Ebenso eine Nominierung erhielten die Netflix-Produktion "Marriage Story", die Nazi-Groteske "Jojo Rabbit", dazu der Rennfahrer-Film "Le Mans 66" und das im 19. Jahrhundert spielende Frauendrama "Litte Woman". Dazu kommt ein Film aus der nicht-englischsprachigen Welt, der bereits vielfach ausgezeichnete "Parasite" des Südkoreaners Bong Joon-ho.

USA 77. Golden Globes | Parasite
Hat sich mit "Parasite" in die englischsprachige Oscar-Welt eingeschlichen: Bong Joon-HoBild: Reuters/NBC Universal/P. Drinkwater

Bester Film: Vier Favoriten, fünf Außenseiter

Lediglich die ersten vier dieser Filme dürften sich in der wichtigsten Oscar-Kategorie Chancen ausrechnen. Alles andere käme einer Sensation gleich. Dass mit "Parasite" erneut ein Werk als "Bester Film" nominiert wurde, welches gar nicht in Englisch gedreht wurde, ist eigentlich nicht zu erklären. Die Oscars sind Filmpreise für die englischsprachige Filmwelt. Vor allem Hollywood-Filme werden seit jeher mit Preisen bedacht, auch britische und manchmal haben auch australische gewonnen.

Doch die Oscars gelten als die zugkräftigsten Filmpreise der Welt. Das heißt, hier werden viele Millionen umgesetzt. Und so versteht sich das Oscar-Unternehmen auch als Geldmaschine der Filmindustrie. In der globalisierten Welt ist es also wichtig für die Academy, Zeichen zu setzen: Seht her, wir haben die ganze Welt des Films im Blick! Wir nominieren auch einen südkoreanischen Film in der wichtigsten Oscar-Kategorie. Doch bei genauerem Hinsehen ist das eine grobe Verzerrung des filmischen Weltgeschehens.

Der "Rest" der Film-Welt streitet um einen einzigen Oscar

Für den "Rest der Welt" bleibt ja explizit die Kategorie "Bester nicht-englischsprachiger Film". Dort wurden 2020 fünf Filme nominiert, auch dort findet sich "Parasite" wieder, eigentlich also ein Widerspruch. "Parasite" muss sich übrigens gegen Konkurrenz aus Spanien ("Leid und Herrlichkeit"), Polen ("Corpus Christi"), Nordmazedonien ("Honeyland") und Frankreich ("Die Wütenden") behaupten. Dass mit "Honeyland" in dieser Kategorie ein Dokumentarfilm auftaucht, wobei es doch auch die Sparte "Bester Dokumentarfilm" gibt, ist ein weiterer Widerspruch in der undurchsichtigen Skala der Preiskategorien. "Honeyland" taucht dann auch unter den nominierten Dokumentarfilmen erneut auf.

Oscar Statuette
Sie warten auf den 9. Februar, bis sie jemand abholt: die Oscar-TrophäenBild: picture-alliance/dpa/Tannen Maury

Bei den Darstellerinnen tauchen - wenig überraschend - unter anderem Stars wie Renée Zellweger (die den Globe für ihre Judy-Garland-Rolle bekam), Scarlett Johansson und Charlize Theron auf. Bei den Herren natürlich "Joker" Joaquin Phoenix, Leonardo DiCaprio und der Spanier Antonio Banderas. Ärger dürfte es in den kommenden Tagen erneut geben - wegen der mangelnden Berücksichtigung von Frauen in vielen Oscar-Kategorien (keine Frau in der Sparte "Beste Regie"!).

Müssen die Oscar-Richtlinien überarbeitet werden?

Vielleicht wäre es tatsächlich Zeit für die Oscar-Academy, die Kriterien zu überdenken. In der jüngeren Vergangenheit hatte es das ja öfters gegeben. Es wurden farbige Filmemacher prämiert, das "schwarze Kino" stand im Mittelpunkt. Und eine Schärfung der Kriterien hinsichtlich der Sprache wäre auch wünschenswert. Auch angesichts der Diskussion, wie man sich denn künftig zu den Filmen der Streaming-Anbieter verhalten soll, wäre eine Überarbeitung der Kriterien nötig.