Putin hält US-Präsident Trump die Stange
19. Dezember 2019Das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump basiert nach den Worten von Russlands Staatschef Wladimir Putin auf "erfundenen" Vorwürfen. Er glaube nicht, dass das Verfahren Trumps Ende als Präsident zur Folge haben werde, sagte Putin bei seiner Jahrespressekonferenz in Moskau. Er verwies darauf, dass das Verfahren noch den US-Senat passieren müsse, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. "Und es ist kaum vorstellbar, dass sie einen Vertreter ihrer eigenen Partei wegen komplett erfundener Vorwürfe aus dem Amt werfen", sagte der russische Staatschef vor fast 1900 Medienvertretern.
"Nur die Fortsetzung eines internen Machtkampfes"
Die Ereignisse in den USA seien "lediglich die Fortsetzung eines internen politischen Machtkampfes" zwischen Demokraten und Republikanern, sagte Putin weiter. Er wies zudem einen Journalisten zurecht, der über Trump spreche, "als wäre er erledigt". Der Kremlchef deutete überdies an, dass er das Amtsenthebungsverfahren lediglich als Vorwand der Demokraten sehe, um Trump aus dem Amt zu jagen, nachdem es ihnen nicht gelungen sei, ihn mit dem Vorwurf der mutmaßlichen Einmischung Russlands in die Präsidentschaftwahl 2016 in die Enge zu treiben.
"Die Partei, die die Wahlen verloren hat, die Demokratische Partei, versucht über andere Mittel und Wege Ergebnisse zu erzielen, indem sie Trump eine Verschwörung mit Russland vorwirft. Dann zeigte sich, dass es keinerlei Verschwörung gab und dies nicht als Grundlage für ein Impeachment diente", sagte Putin. "Dann haben sie sich eine Art Druck auf die Ukraine ausgedacht."
Das US-Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, hatte am Mittwoch in einem historischen Votum ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump beschlossen. Der Prozess soll im Januar im Senat beginnen. Weil Trumps Republikaner dort die Mehrheit haben, gilt es als so gut wie ausgeschlossen, dass der Präsident seines Amtes enthoben wird.
"Spiegelgenaue" Reaktion auf US-Sanktionen
Der russische Staatschef kündigte bei der insgesamt mehr als vier Stunden dauernden Pressekonferenz auch an, dass sein Land auf die US-Sanktionen gegen die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 mit Gegenmaßnahmen "spiegelgenau" antworten werde. Die in dieser Woche vom US-Kongress beschlossenen Sanktionen seien ein "unfreundlicher Akt" gegen Moskau. "Das wird sich auswirken auf die Beziehungen." Putin sieht trotzdem keine Gefahr für Nord Stream 2. Abgelehnt wird die Pipeline vor allem von der Ukraine, die bisher das wichtigste Transitland für die russischen Gaslieferungen nach Deutschland ist.
Putin sagte, dass die USA der Ukraine lieber Geld geben sollten, um dem klammen Land zu helfen. Zugleich bekräftigte er, dass Russland den Transit durch die Ukraine in die EU erhalte. Nord Stream 2 soll zwar Deutschland unter Umgehung der Ukraine versorgen. Trotzdem ist der Energie-Bedarf so hoch, dass auch das ukrainische Leitungsnetz vorerst weiter gebraucht wird. Putin äußerte sich zudem zuversichtlich, dass sich Russland und die Ukraine über einen neuen Gastransit-Vertrag einigen. Der bislang gültige Vertrag läuft Ende des Jahres aus.
Putin: USA will Verlängerung von New Start verhindern
Der Präsident warf schließlich den USA vor, eine Verlängerung des letzten atomaren Abrüstungsvertrags New Start zu verhindern. Sein Land sei bereit, das bis 2020 laufende Abkommen fortzusetzen. Washington habe auf dieses Angebot bisher aber nicht reagiert. Sollte der Vertrag auslaufen, könne niemand ein neues Wettrüsten verhindern.
Die USA und Russland hatten im August bereits das INF-Abkommen außer Kraft gesetzt, das landgestützte atomare Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern verboten hatte. Der New-Start-Vertrag wurde 2010 in Prag unterzeichnet und trat 2011 in Kraft. Er begrenzt die Zahl der stationierten strategischen Atomsprengköpfe auf 1550 und die Zahl der Trägersysteme auf 800. Nach dem Kollaps des INF-Vertrags ist New Start der letzte verbleibende Atomwaffen-Abrüstungsvertrag zwischen den USA und Russland.
Julius von Freytag-Loringhoven, der Leiter des Moskauer Büros der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, würdigte den Auftritt Putins vor den Journalisten insgesamt als professionell. Der Kremlherrscher habe sich sichtlich darauf vorbereitet, sagte von Freytag-Loringhoven der Deutschen Welle. Auch habe es weniger "Showelemente" gegeben als im vergangenen Jahr. Als wichtigste Message habe Putin vermitteln wollen, dass er der Mann sei, der sich um alles kümmere, alle Probleme löse und sich ernsthaft für die Probleme der Bevölkerung interessiere.
sti/fab (afp, dpa, rtr)