Putin und Trump: Vom Regen in die Traufe
9. November 2017Treffen sie sich oder doch nicht? Bis zuletzt war unklar, ob Donald Trump und Wladimir Putin Zeit für ein Gespräch am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) im vietnamesischen Danang haben werden. Erst am Donnerstag bestätigte das russische Außenministerium einen Termin - "höchstwahrscheinlich" für Freitag. Nachdem der US-Präsident vor rund einer Woche als erster ein solches Treffen ins Gespräch gebracht hatte, reagierte der Kreml positiv, doch eine Bestätigung ließ lange auf sich warten. Es sah so aus, als würden die beiden Staatschefs gründlich abwägen, ob es sich lohnt.
Distanz und Anziehungskraft
"Ich glaube, dass Präsident Trump dieses Treffen anstrebt, während Präsident Putin in einem Warten-wir-es-ab-Modus gegenüber den USA ist", sagt Mark Simakovsky, Senior Fellow an der US-Denkfabrik Atlantic Council, der DW. Der US-Präsident versprach während des Wahlkampfs, das Verhältnis zu Moskau zu verbessern. Nach der russischen Annexion der Krim hatten sich die Beziehungen zu den USA dramatisch verschlechtert. Trump wolle dieses Versprechen einlösen, habe jedoch die Last der innenpolitischen Skandale mit Russland-Bezug zu tragen, so Simakovsky. Kremlchef Putin glaube seinerseits nicht an eine schnelle Verbesserung der Beziehungen mit Washington. Auch deshalb nicht, weil die jüngsten US-Sanktionen gegen Russland nicht vom Präsidenten allein aufgehoben werden können. Als Trump vor rund einem Jahr gewählt wurde, knallten im russischen Parlament Champagnerkorken. Diese Euphorie ist längst vergangen und manche Abgeordnete zweifeln, ob Moskau mit Trump zur Zeit überhaupt Vereinbarungen treffen sollte. Das Treffen in Vietnam dürfte deshalb "geringe Chancen auf Erfolg im Sinne konkreter Ergebnisse" bringen, sagt Simakovsky. "In einer gewissen Weise sind Trump und Putin wie Planeten, die sehr weit voneinander entfernt sind, aber in die jeweilige Laufbahn geraten und zueinander hingezogen werden."
Zurückhaltung trotz Sanktionsspirale
Nach dem ersten Treffen seit Trumps Amtsantritt am Rande des G-20-Gipfels Anfang Juli in Hamburg hatten sich beide Präsidenten zufrieden gezeigt. Man habe eine persönliche Beziehung etabliert, lobte Putin. Doch die Ereignisse, die bald folgten, dürften diese noch junge Beziehung auf eine harte Probe gestellt haben.
Der US-Kongress verabschiedete Ende Juli neue, schärfere Sanktionen und setzte Russland in eine Reihe mit Iran und Nordkorea. Die Begründung: die Einmischung in den US-Wahlkampf 2016 und Russlands Vorgehen in der Ukraine. Fast gleichzeitig beschloss Moskau, mehr als 750 US-Diplomaten faktisch auszuweisen. Das sei eine Reaktion auf "diverse feindliche Schritte Washingtons", so das russische Außenministerium. Gemeint war unter anderem eine Ausweisung von Dutzenden russischer Diplomaten Ende 2016 von der scheidenden Obama-Administration. Damals verzichtete Moskau auf eine entsprechende Antwort, wohl um das Verhältnis zum frisch gewählten Präsidenten Trump nicht zu belasten.
Als Antwort auf die massive Kürzung seines diplomatischen Personals in Russland forderte Washington Ende August, das russische Konsulat in San Franzisco innerhalb von wenigen Tagen zu schließen, was für Ärger in Moskau sorgte. Manche Kommentatoren in staatlichen Medien warnten, es "rieche nach Krieg". Bisher verzichtete jedoch Putin auf einen neuen diplomatischen Gegenschlag ebenso wie auf scharfe Kritik. Der Kreml stellt Trump als Opfer eines innenpolitischen Konflikts in den USA dar. "Beide Seiten sind rhetorisch zurückhaltend", sagt Andrej Kortunov, Direktor des Russischen Rats für Außenbeziehungen, einer regierungsnahen Denkfabrik. "Offenbar wurde auf der russischen Seite beschlossen, keine Brücken abzubrennen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden und den Dialog wieder aufzunehmen", so Kortunov im Gespräch mit der DW.
Nordkorea im Vordergrund
An Themen dürfte es beim Treffen zwischen Putin und Trump nicht mangeln. Die Moskauer Wunschliste umfasse laut Kortunov eine vollständige Wiederherstellung des diplomatischen und des militärischen Dialogs zwischen Moskau und Washington sowie die Zukunft strategischer Abrüstungsabkommen wie des INF-Vertrags über Mittelstreckenraketen. Auch über Krisenherde weltweit sei Russland bereit zu sprechen.
Als Trump seinen Wunsch ankündigte, Putin in Vietnam zu treffen, erwähnte er seinerseits drei Gesprächsthemen: Nordkorea, die Ukraine und Syrien. Vor allem Nordkorea dürfte die Agenda dominieren, sind sich die Experten einig. Zwar kritisieren sowohl Moskau als auch Washington Nordkoreas neueste Atomwaffentests, doch plädiert Russland zusammen mit China für eine diplomatische Lösung, die auch Zugeständnisse an Pjöngjang vorsieht. Trump dagegen droht mit einem militärischen Schlag.
Auch bei der Lösung des russisch-ukrainischen Konflikts bleiben Differenzen. Zuletzt wurde international über die Entsendung einer UN-Friedenstruppe in die Separatistengebiete in der Ostukraine diskutiert, die Kiew neulich als von Russland besetztes Territorium eingestuft hatte. Ein Durchbruch in dieser Frage sei durch die jüngsten Äußerungen des neuen US-Sondergesandten, Kurt Volker, schwieriger geworden, sagt Kortunov. Volker schloss eine Beteiligung Russlands an der Friedenstruppe und direkte Gespräche mit Separatisten aus.
Vertrauensverlust als Haupthindernis
Schließlich durften Trump und Putin über das internationale Atomabkommen mit Iran sprechen, aus dem der US-Präsident auszusteigen droht. Auch hier sind die Differenzen groß. Putin reiste kürzlich nach Teheran und demonstrierte einen Schulterschluss mit der Führung der islamischen Republik.
Das größte Problem auf dem Weg zu einer Verbesserung der Beziehungen zwischen Russland und den USA sei der Vertrauensverlust, sagt US-Experte Simakovsky. Moskau werde allerdings nicht aufgeben, den Dialog zu suchen, meint dazu Andrej Kortunov. Auch wenn die Erfolgschancen gering sind, werde man Gespräche führen.