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Radikale Mönche feiern neue Religionsgesetze

Verena Hölzl15. September 2015

Landesweit feiern nationalistisch-buddhistische Mönche in Myanmar ein umstrittenes Gesetzespaket, das die Rechte von Minderheiten beschneidet. Kritiker sehen darin vor allem einen Angriff auf die Muslime im Land.

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Buddhistische Mönche und Plakat mit der Aufschrift "Das Gesetz zum Schutz der Nation ist das wichtigste Gesetz für Myanmar" (Foto: V.Hölzl/DW)
Bild: DW/V. hoelzl

"Mit unseren Knochen müssen wir eine Faust ballen", schmettert es auf einem weitläufigen Klostergelände am Stadtrand von Rangun aus den Lautsprecherboxen. Unweit der mit Blumen geschmückten Bühne werden in einem Pavillon Bilder von verstümmelten Leichen voller Blut, abgeschlagenen Händen, massakrierten Gesichtern und vom Anschlag auf das World Trade Center gezeigt. Alles die Schuld der Muslime. Meinen die Buddhisten.

Zumindest die von Ma Ba Tha, einer Vereinigung nationalistisch-buddhistischer Mönche, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Myanmar und den Buddhismus vor seinen Feinden zu schützen, die für sie die anderen Religionsgemeinschaften sind. Einen Sieg gibt es bereits zu vermelden, und der wird landesweit feierlich begangen. Anfang September unterzeichnete Myanmars Präsident Thein Sein das letzte von vier Gesetzen, die zuvor im In- und Ausland heftig kritisiert wurden. Die sogenannten "Rasse- und Religionsgesetze" erschweren den Übertritt zu einem anderen Glauben sowie interreligiöse Eheschließungen. Darüber hinaus ist es einzelnen Regionen nun freigestellt, Vorschriften darüber zu erlassen, wie viele Kinder Frauen in einem bestimmten Zeitraum bekommen dürfen.

Junge Mönche betrachten die Schockbilder von islamistisch motovierten Gewalttaten (Foto: V. Hölzl/DW)
Junge Mönche betrachten die Schockbilder von islamistisch motivierten GewalttatenBild: DW/V. hoelzl

Feier mit Schock-Bildern

Den Auftakt machten die Mönche am Montag mit einem Autokorso durch die Innenstadt von Rangun und einer groß angelegten Feier auf dem Gelände des Ti-Pidaka-Nikal-Klosters im Norden der Stadt. Auf einem Banner, das über dem Pavillon mit den Propaganda-Fotos hängt, prangt der selbstbewusste Slogan: "Das Gesetz zum Schutz der Nation ist das wichtigste Gesetz für Myanmar."

"Mit den Bildern wollen wir zeigen, wozu Muslime imstande sind", sagt Mönch Ashin Lakna Thara von Ma Ba Tha, während sich hinter ihm eine Gruppe junger Buddhisten vor den Tafeln drängt und betreten auf die unzensierte Brutalität der Propaganda-Fotos blickt. Auf die Frage, ob Muslime keine Menschenrechte verdient hätten, sagt er: "Menschenrechte sind kein Gesetz."

Ma Ba Tha gilt als nationalistisch und anti-muslimisch. Die Gruppe hat sich Anfang 2014 eigens gegründet, um die "Rasse- und Religionsgesetze" durch das Parlament zu bringen. Als der aus dem muslimischen Katar stammende Telekommunikationsanbieter Ooredoo vergangenen Sommer auf Myanmars Markt kam, rief Ma Ba Tha zum Boykott auf. Wie groß der Einfluss der Gruppe auf die Politik ist, zeigte sich zuletzt im Juli. Damals brachten die Mönche millionenschwere Immobilienprojekte zu Fall, um die Shwedagon-Pagode in Rangun, das wichtigste buddhistische Heiligtum des Landes, vor zu großer Nähe von Neubauten zu schützen.

Mönche auf einer politischen Veranstaltung in einem Kloster in Rangun (Foto: V. Hölzl/DW)
Zusammenrücken gegen "muslimische Gefahr"Bild: DW/V. hoelzl

Welche Rolle spielt das Militär?

In Myanmar sollen am 8. November nach über fünf Jahrzehnten Militärherrschaft die ersten freien und fairen Wahlen stattfinden. Beobachter vermuten, dass religiöse Spannungen im Land vor allem der militärnahen USDP, die aktuell die Mehrheit im Parlament stellt, zu Stimmen verhelfen könnten. Die Feier in Rangun war die erste von über einem Dutzend, die Ma Ba Tha in den kommenden Wochen in ganz Myanmar plant und sich fast eine halbe Million Euro kosten lässt. Das Geld dafür kommt von einem dem Militär nahestehenden Geschäftsmann.

"Die Gesetze sind so wichtig, dass wir sie dem Volk feierlich verkünden wollen", erklärt, umringt von seinen Anhängern, Sayadaw U Thilakanda Biwantha. Er ist Vize-Sekretär von Ma Ba Tha. Myanmar müsse davor bewahrt werden, so zu enden wie die ehemals buddhistischen Länder Pakistan, Malaysia oder Afghanistan, die vom Islam eingenommen worden seien. "Wir müssen gewappnet sein für die Zukunft, und deshalb brauchen wir schon heute Gesetze", erklärt er weiter. Ob Menschenrechte nichts zählen? Man müsse eben Opfer bringen und Prioritäten setzen, sagt der Ma-Ba-Tha-Chef.

Mönch auf der Veranstaltung auf dem Klostergelände (Foto: V. Hölzl/DW)
Mönch Ashin Lakna Thara verteidigt die umstrittenen Gesetze: "Wir bauen damit einen Zaun"Bild: DW/V. hoelzl

Sorge vor weiteren religiösen Spannungen

Human Rights Watch stuft die neuen Vorschriften als Angriff auf die Menschenrechte ein. "Bereits bestehende Spannungen zwischen den Religionsgemeinschaften in Myanmar könnten sich durch die Regeln weiter verschärfen", warnte Asien-Direktor Phil Robertson. Das südostasiatische Land ist mehrheitlich buddhistisch, Christen und Muslime machen rund vier Prozent der Bevölkerung aus. Seit 2012 kommt es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Buddhisten und Muslimen.

Im mächtigen Versammlungsgebäude, das im Zentrum der Klosteranlage thront, sitzt mit vielen anderen Su Myat. Wenn sie mit ihrem Englischstudium fertig ist, will die 20-Jährige ihrer großen Schwester nach Singapur folgen. Von Ma Ba Tha hat sie noch nie gehört. Sie ist zur Feier gekommen, weil ein Mönch sie heute morgen angerufen hat. Sie solle sich anhören, wie ein guter Buddhist zu leben hat. Was sie gelernt hat? Allen Menschen freundlich zu begegnen. Im Hintergrund dröhnt es von der Bühne: "Lass dich in Wallung bringen, Bruder Buddhist."