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Reinigendes Börsengewitter

Andreas Leixnering28. Februar 2007

Noch vor kurzem undenkbar: Börseneinbrüche in China sorgen für Panik an den weltweiten Aktienmärkten. Finanz-Experten sehen im Verkaufsrausch eher eine fällige Kurskorrektur als einen Crash auf Raten.

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Auch außerhalb Chinas unter Beobachtung: die Börsenkurse in Schanghai, Quelle: AP
Auch außerhalb Chinas unter Beobachtung: die Börsenkurse in SchanghaiBild: AP
Frankfurter Börse: Besorgte Mienen nach DAX-Abfall, Quelle: AP
Frankfurter Börse: Besorgte Mienen nach DAX-AbfallBild: AP

Selten wird die globale Verflechtung der Wirtschaft so sichtbar, wie bei Turbulenzen auf den Wertpapiermärkten. Chinas größter Kursrutsch seit zehn Jahren ließ am Dienstag (27.2.07) Indizes weltweit purzeln. Nach dem rasanten Anstieg dder letzten Wochen sackte der Leitindex der Börsen in Shenzen und Shanghai um fast neun Prozent. Wie Dominosteine reagierten die führenden Handelsbarometer in Japan und Europa. Der Aktienmarkt an der New Yorker Wall Street machte die stärksten Verluste sei fünf Jahren - US-Aktien verloren insgesamt fast um 600 Milliarden Dollar an Wert - an einem Tag. Zuletzt gingen auch die übrigen Börsenkurse in Fernost auf Talfahrt, wie seit dem 11. September 2001 nicht mehr. Vor allem in Südkorea, Hongkong und Singapur stießen die Anleger ihre Papiere in Panik ab.

Spekulantenfieber an einer "politischen Börse"

Analysten begründen den Kursturz in China mit der Nervosität der Anleger angesichts des heiß gelaufenen Wertpapiermarkts. Der Shanghai Composite Index war in diesem Jahr um 14 Prozent geklettert, nach einem Anstieg von bereits 130 Prozent im vergangenen Jahr. Am Montag hatte er erstmals über der Schwelle von 3000 Punkten geschlossen. Als am Dienstag der Trend zum Verkauf einsetzte, strichen selbst Kleinstanleger hastig ihre Gewinne ein.

Nach dem Crash: Ein Anleger prüft die Aktienkurse in Peking, Quelle: AP
Nach dem Crash: Ein Anleger prüft die Aktienkurse in PekingBild: AP

Dazu kommt, dass Chinas Börse eine "politische Börse" ist, wie es die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" formuliert. Wegen staatlicher Reglementierungen gibt es hier nur wenige Anlagemöglichkeiten. Das begünstigt Spekulation. Erst im vergangenen Sommer war der Stopp neuer Börseneinführungen aufgehoben worden, worauf sich die aufgestaute Nachfrage explosiv entlud. Gerüchte über bevorstehende Zinserhöhungen, staatliche Maßnahmen zur Abkühlung des Wirtschaftswachstums und die Einführung einer Einkommensteuer für Aktienanleger fachten das Aktienfieber am Dienstag noch mal richtig an.

Globalplayer China - jetzt auch auf dem Aktienmarkt?

"Früher hätte kein Hahn danach gekräht, was sich an Chinas Börsen tut. Das ist heute ganz anders", sagt Gerhard Heinrich vom Börseninformationsdienst EMFIS. Als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt sei China stark in den internationalen Handel integriert und inzwischen einer der größten Abnehmer von Waren aus der EU und den USA. Andersherum seien Europa und Amerika wichtige Absatzmärkte für chinesische Waren. Zudem erhöhten direkte Investitionen ausländischer Unternehmen in chinesische Firmen die gegenseitige Abhängigkeit und somit die Sensibilität gegenüber den Aktienwerten, erläutert Gerhard Heinrich.

Ein Beispiel: die Industrial & Commercial Bank of China (ICBC). Kurz bevor das Geldhaus 2006 an die Börse ging, hatten sich die amerikanischen Geldhäuser Goldman Sachs und American Express sowie der deutsche Versicherer Allianz für insgesamt 3,8 Milliarden Dollar mit knapp 9 Prozent beteiligt. Gleich nach Börseneinführung der ICBC explodierte der Marktwert. Mit Kursgewinnen um wöchentlich 20 Prozent wuchs das Unternehmen zur größten Bank außerhalb Amerikas - zur Freude der ausländischen Investoren: Für ihre Beteiligung hatte die Allianz eine Milliarde Dollar gezahlt. Ende 2006 hatte ihr Paket einen Börsenwert von 5,5 Milliarden Dollar.

Kein Grund zur Panik

"Cool bleiben!", raten Aktien-Experten, auch wenn es an der Börse heiß hergeht, Quelle: AP
"Cool bleiben!", raten Aktien-Experten, auch wenn es an der Börse heiß hergehtBild: picture-alliance/dpa

Dass das chinesische Börsenbeben einen globalen Crash auf Raten ausgelöst hat, sehen die Analysten nicht. Vielmehr handele es sich um eine notwendige Kurskorrektur angesichts überhitzter Finanzmärkte, beruhigt Heinrich. "Die Makrodaten für die chinesische Volkswirtschaft sind nach wie vor hervorragend." Die Inflation liege unter zwei Prozent, das Wirtschaftswachstum könnte wieder stolze neun Prozent betragen. Allerdings sei das Ganze auch ein Warnsignal: "Bei dem hohen Kursniveau liegen die Nerven schnell blank und die Anleger werden zittrig." In Zukunft sei deshalb öfters mit stärkeren Bewegungen nach unten wie nach oben zu rechnen, meint Heinrich.

In China haben die Börsen am Mittwoch jedenfalls wieder deutlich zugelegt. Die Indizes in Schanghai und Shenzhen schlossen knapp vier Prozent höher. Und holten damit fast die Hälfte der Rekordverluste vom Vortag wieder rein.