Reiseverbot für prominente Maduro-Gegnerin
2. September 2017Lilian Tintori darf Venezuela bis auf weiteres nicht verlassen. Auf Anordnung der Behörden wurde ihr Reisepass am Flughafen der Hauptstadt Caracas einbehalten. Das geht aus einem Dokument hervor, das die Aktivistin im Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte.
Tintori wollte nach eigenen Angaben zu Treffen mit mehreren Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, ins Ausland reisen. In dieser Woche war bei ihr Bargeld im Wert von über 10.000 US-Dollar in einem Auto beschlagnahmt worden. Die 39-Jährige soll offenbar angeklagt werden, die genaue Beschuldigung ist noch unklar.
Die Aktivistin warf der Justiz politische Verfolgung vor. Es sei keine Straftat, Bargeld bei sich zu haben, sagte sie. Mit der Einbeziehung ihres Passes wolle das Regime verhindern, dass sie der Welt von der Krise in Venezuela berichte, schrieb Tintori später auf Twitter.
Auch der Präsident des weitgehend entmachteten Parlaments, Julio Borges, will nach eigenen Angaben in Kürze Gespräche mit westlichen Spitzenpolitikern führen. Außer Merkel werde er in den kommenden Tagen den französischen Staatschef Emmanuel Macron und die Regierungschefs von Spanien und Großbritannien, Mariano Rajoy und Theresa May, treffen, erklärte er.
Der Ehemann der nun mit einem Reiseverbot belegten Aktivistin Tintori, Leopoldo López, war 2015 zu fast 14 Jahren Haft wegen Anstachelung zur Gewalt bei Straßenprotesten verurteilt worden, das Urteil gilt als politisch motiviert. López befindet sich in Hausarrest.
Umbau in eine Diktatur
Die Lage im ölreichsten Land der Erde ist seit Monaten angespannt. Die USA und mehrere Nachbarländer werfen der sozialistischen Regierung von Staatschef Nicolás Maduro vor, Venezuela in eine Diktatur umzubauen. Staatsorgane und deren Repräsentanten, die Maduros Absichten im Wege stehen, geraten zusehends unter Druck.
Am Freitag hatte der neue Chefankläger des Landes seiner flüchtigen Vorgängerin Luisa Ortega vorgeworfen, sie habe 200 Millionen Dollar (umgerechnet knapp 170 Millionen Euro) veruntreut. Gegen sie werde deshalb ermittelt, sagte Generalstaatsanwalt Tarek William Saab.
Hintergrund seien überteuerte staatliche Erdölverträge zwischen 2010 und 2016. Dabei seien die Millionensummen abgeschöpft worden. Ortega hätten Beweise dafür vorgelegen, doch sie habe nichts unternommen. Die 59-jährige Widersacherin von Maduro war Anfang August abgesetzt worden und später außer Landes geflohen - weil sie ihr Leben in Gefahr sah.
jj/hk (dpa, afp)