Rüsten für die nächste Schlacht
19. Oktober 2013Zwei Wochen lang zogen die US-Republikaner alle Register, um im jüngsten Haushaltsstreit Präsident Obamas Gesundheitsreform - auch Obamacare genannt - zu kippen. Doch am Mittwoch musste der rechte Flügel der Partei, die so genannte Tea Party, doch einlenken. Nun bleibt die Regierung erst einmal zahlungsfähig – zumindest bis zum 15. Januar.
Außerdem wurde die Schuldengrenze bis zum 7. Februar angehoben. Dafür bekamen die Republikaner nur ein winziges Zugeständnis: In Zukunft sollen von Amerikanern, die sich für Obamacare einschreiben wollen, Einkommensnachweise verlangt werden.
"Wir werden weiterhin versuchen, diese völlig desaströse Gesundheitsreform zu stoppen", so John Boehner, Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, in einer Pressemitteilung. Obwohl Boehner dann doch seine Partei zur Unterzeichnung der Einigung aufrief, stimmten im Repräsentantenhaus nur 87 und im Senat nur 18 Republikaner dafür.
"Die Frage, die wir uns jetzt stellen müssen, ist doch diese: Wann werden die Republikaner, die innerhalb normaler demokratischer Strukturen agieren, endlich diesen Typen [der Tea Party, Anm. d. Redaktion] die Stirn bieten?", so Theda Skocpol im DW-Gespräch. Sie ist Soziologin und Politologin, als Professorin an der Universität von Harvard tätig und zudem Autorin von "The Tea Party and the Remaking of Republican Conservatism".
'Obamacare ist jetzt Gesetz'
Kurz nach der Wiederwahl Obamas letzten November sah es so aus, als ob Boehner die Gesundheitsreform akzeptiert hätte. Dem Fernsehsender ABC sagte er, dass die "Wiederwahl alles verändert." "Der Präsident ist wiedergewählt worden, Obamacare ist jetzt Gesetz."
Doch kurz vor Inkrafttreten der Reform im Oktober startete Senator Ted Cruz seine Initiative gegen Obamacare und forcierte damit den so genannten Shutdown. Während der Sommerpause des Kongresses mobilisierte er zahlreiche Anhänger der Tea Party. Eric Cantor, die Nummer Zwei der Republikaner im Repräsentantenhaus, sah die Strategie skeptisch und versuchte stattdessen, die Finanzierung von Obamacare von der restlichen Haushaltsfinazierung abzukoppeln.
Nach Cantors Vorschlag hätten die Republikaner im Repräsentantenhaus rein symbolisch über Obamacare abgestimmt und es abgelehnt. Im Senat, der mehrheitlich mit Demokraten besetzt ist, hätte man dann dieses Votum ablehnen und gleichzeitig die restliche Haushaltsfinanzierung absegnen können. Aber die Tea Party-Anhänger lehnten den Vorschlag ab und stimmten für die Verknüpfung von Obamacare mit dem Rest des Budgets.
Danach debattierte der Senat die Angelegenheit. Unvergessen bleibt ein 21-Stunden-Redemarathon von Ted Cruz, mit dem er sich auch in der eigenen Partei viele Feinde machte. Schließlich verabschiedete der Senat einen Entwurf, der die Finanzierung von Obamacare aufrecht erhielt. Im Repräsentantenhaus scheiterte er dann aber wieder an der Tea Party. Boehner sah sich also in der Zwickmühle.
Skocpol glaubt, dass Boehner sich schließlich doch der Tea Party beugte und damit den Shutdown auslöste, um als Sprecher des Unterhauses nicht an Macht und Ansehen zu verlieren.
"Boehner hat das nicht aus hehren Beweggründen gemacht", so Politik-Professorin Skocpol. "Er wollte ganz einfach seine eigene Haut vor einer Herausforderung des rechten Flügels der Partei im Unterhaus bewahren."
Umfragewerte sinken
Das Ansehen der Republikaner hat laut den jüngsten Umfragen schwer gelitten. Laut Pew Research Center glauben 30 Prozent der US-Amerikaner, dass Obama die Schuld für die Lähmung der Regierung trägt, 38 Prozent geben den Republikanern die Schuld.
Andere Zahlen sind noch deutlicher. Eine Umfrage von ABC und Washinghton Post ergab, dass 53 Prozent Obama die Schuld gaben, aber 74 Prozent den Republikanern.
Moderate Republikaner wie Boehner befürchteten schon lange, dass es der Partei schaden würde - auch mit Hinblick auf die Parlamentswahlen 2014 - einen Shutdown zu forcieren.
Doch laut Josef Braml, US-Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, haben Tea Party-Mitglieder wenig zu befürchten.
"Wenn man sich einzelne Bezirke anschaut, wo diese Tea Party-Leute herkommen, sind die Wähler dort sehr zufrieden mit deren Arbeit in Washington. Diese Bezirke sind sehr homogen."
Der nächste Kampf
Trotz schlechter Umfragewerte kann es also durchaus sein, dass diejenigen Tea Party-Mitglieder, deren Wahlbezirke "sicher" sind, das gleiche Spiel im Januar und Februar wiederholen. Unter ihnen sind einige als Präsidentschaftskandidaten gehandelt - Ted Cruz, Marco Rubio, Rand Paul und Paul Ryan.
Doch die Republikaner mit dem größten Einfluss sind ohnehin keine Amtsträger, so Skocpol. Sie agieren an der Basis, als Aktivisten und Geldgeber. Es sind Organisationen wie der Senate Conservatives Fund, Freedom Works, Americans for Prosperity und Heritage Action, die am meisten zu sagen haben.
"Einige dieser Gruppen - wenn auch nicht alle - haben sich gegen jedwede Einigung, die zur Wiedereröffnung der Regierung hätte beitragen können, ausgesprochen", so Skocpol. "Solche Gruppen sind gefürchtet unter den Republikanern, die ein Amt bekleiden, weil sie die Herausforderung von Seiten der Rechten bei den wichtigen Wahlen fürchten."