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Richard Strauss zum 150. Geburtstag

Adelheid Feilcke11. Juni 2014

Der Komponist, Dirigent, Standesvertreter und Meister der Selbstvermarktung wurde vor 150 Jahren geboren. Ein Schatten auf Richard Strauss' Biographie bleibt seine ambivalente Haltung zur NS-Diktatur.

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Richard Strauss
Bild: picture-alliance/dpa

Wer kennt sie nicht, die langsam aufsteigende und stetig lauter werdende Trompetenmelodie mit den eindringlichen Paukenschlägen, mit der Stanley Kubrick seine "Odyssee in den Weltraum" beginnen lässt? Richard Strauss schrieb diesen in Töne gefassten "Sonnenaufgang" für seine Tondichtung "Also sprach Zarathustra". Damit stimmt er musikalisch-suggestiv auf die dann folgende klangliche Interpretation des Nietzsche-Textes ein. Kubrick machte sich die sinnliche und gleichsam metaphysische Kraft dieses kompositorischen Geniestreichs zunutze, um zu dem Bild der langsam auftauchenden Sonne in seine (außerirdischen) Sphären einzustimmen.

Der "Sonnenaufgang" gilt als einer der genialsten Anfänge der Musikgeschichte und ist mit Sicherheit auch einer der bekanntesten. Für Walter Werbeck, der zum Jubiläumsjahr ein "Richard-Strauss-Handbuch" vorgelegt hat, hat der Komponist in seiner Musik "sinnliche Wirkung" und "orchestrale Brillianz" mit viel Schwung und Energie verbunden: "eine Musik, die eine neue Zeit der Musik heraufzubeschwören scheint, und die in Punkto Orchestertechnik / Klangtechnik so ziemlich alles übertraf - selbst Wagner - was man sich bis dahin so vorstellen konnte."

Im Jubiläumsjahr - vor 150 Jahren, am 11. Juni 1864, wurde Richard Strauss geboren - werden seine Opern, Orchester- und Liedwerke landauf landab gespielt.Seine reich instrumentierten sinfonischen Dichtungen, seine Lieder, Kammermusik und vor allem die beliebtesten Opern wie "Arabella", "Salome", "Elektra", "Frau ohne Schatten" - aber auch die weniger bekannten der insgesamt 16 Bühnenwerke sind von den Bühnen der Welt nicht wegzudenken.

PR-Prototyp

Strauss hatte ein untrügliches Gespür dafür, was ihm und seiner Musik zum Erfolg verhalf, und er betrieb ein geradezu modernes Marketing. Strauss-Experte Daniel Ender, der im Jubiläumsjahr ein Buch über den "Meister der Inszenierung" veröffentlicht hat, nennt ihn im DW-Interview einen "Prototyp des PR-Menschen": "Er hat dafür gesorgt, dass er in der Öffentlichkeit vorkommt. Das hat er erreicht, indem er ein Netzwerk an befreundeten Journalisten gebaut hat, die ein Bild eines positiven bescheidenen Charakters von ihm gezeichnet haben, die auch neue Werke vorbesprochen haben - und Details so dargestellt haben, dass die Öffentlichkeit neugierig wurde." Der Einsatz exotischer Musikinstrumente wie die Windmaschine in der "Alpensinfonie" stand zum Beispiel schon vorab in der Presse, "da hatte er immer ein Händchen dran."

Richard Strauss
Bild: gemeinfrei

Zu den größten - kalkulierten - Skandalen und Erfolgen von Richard Strauss gehört zweifellos die Oper "Salome": Mit ihrer betörend-verstörenden Erotik in Musik und Handlung war sie 1905 und '06 das Bühnenereignis schlechthin. Die Oper und der weltberühmte "Tanz der sieben Schleier" mit seiner mörderisch-verführerischen Kraft wurde zwar zeitweilig verboten, dennoch ein Renner auf den Bühnen ganz Europas. Für Werbeck ist es prototypisch für Strauss, wie er hier "orchestrale Brillanz und diese ausgefeilte Klangtechnik ...mit einem Plott verbindet, der bestimmte Sensationsstoffe bedient". Die biblische Figur Salome als Femme fatale und verruchte Kindsfrau auf die Bühne gebracht: Das war "eben sehr modern und deswegen sehr attraktiv". In anderen Opern wie dem "Rosenkavalier" brachte Strauss dagegen eine vergangene Welt auf die Bühne, "die im Jahr 1911 bei der Uraufführung des Stücks eigentlich schon untergegangen war, aber doch noch eine etwas nostalgische Sicht auf eine scheinbar noch intakte Welt vermittelte".

Theaterzettel zur Premiere der Richard-Strauss-Oper Salome 1905
Bild: gemeinfrei

Einsatz auch für andere

Strauss war auch viele Jahre lang ein sehr aktiver Dirigent und Förderer anderer Komponisten, war kulturpolitisch aktiv und setzte sich für die Rechte der Künstler ein. Um die soziale Stellung von Komponisten zu verbessern wirkte er an der veränderten Gesetzgebung des Urheberrechts mit. Dieses Engagement habe ihn, so Werbeck gegenüber der DW, auch dazu gebracht, als 1933 mit Hitler jemand Reichskanzler wurde, "der bekennender Wagner-Fan war und sich als Künstler bezeichnete", dieses Regime freudig zu begrüßen, hoffte er doch, "dass damit die Belange der Kunst und insbesondere der Musik einen ganz hohen Stellenwert bekommen".

Strauss wurde Präsident der Reichsmusikkammer, einer zentralen Instanz im Nazisystem, in dem alle Musikschaffenden zusammengefasst waren. Doch bald kam es zum Zerwürfnis. Ein Grund war, so Ender, "dass er nach ersten Erfolgen mit dem Urheberschutz weitere Reformpläne nicht umsetzen konnte. Goebbels hat sich abfällig über Strauss geäußert, Hitler auch. Und umgekehrt war das auch so." Zudem kollidierte Strauss mit dem Regime in Geschmacksfragen oder bei Fragen zur Kultur. "Strauss hat sehr viel Wert auf kultivierten Umgang gelegt und war auch von den Nazis enttäuscht", sagte Ender. Nicht mehr Reichsmusikkammer-Präsident, arrangierte sich Strauss gleichwohl in den Folgejahren mit dem Regime, wohl auch, um seine jüdische Schwiegertochter und Enkelkinder zu schützen.

Kalenderblatt Richard Strauss
Der Altmeister an seinem Landsitz in Garmisch-PartenkirchenBild: AP

"Nach allem was wir wissen, war er von seiner Überzeugung her kein Nazi, dass muss man auch in aller Deutlichkeit festhalten", so Ender. Vielmehr sei es für ihn auch während der NS vor allem wichtig gewesen, "dass seine Stücke ausreichend auf den Spielplänen stehen, und deswegen hat seine opportunistische Haltung für den Nationalsozialismus gut funktioniert".

Das Erbe

Bei aller Ambivalenz in seinem Verhalten war Strauss Zeit seines Lebens getragen von der Überzeugung, der letzte große Komponist der abendländischen Musiktradition zu sein. Sein starkes Ego trägt Züge der Hybris, und seine rigorose Ablehnung der atonalen und Zwölftonmusik brachte ihm unter den Komponisten und Musikwissenschaftlern des 20. Jahrhunderts viel Ablehnung und Verachtung ein. Unbeirrt setzte er die spätromantische musikalische Tradition fort, Jahrzehnte nachdem sie für tot erklärt worden war. Seine Opern und Instrumentalwerke haben jedoch alle Anfeindungen überlebt. Sie berühren und verführen auch noch nach 100 Jahren viele Musikliebhaber.

Deutschland Literatur Büchertisch zum 150. Geburtstag von Richard Strauss
Kein Mangel an Strauss-Biographien im JubiläumsjahrBild: DW/A. Feilcke

Strauss' Leben im Überblick

Buch-Infos:

Walter Werbeck: Richard Strauss-Handbuch, 616 Seiten, Verlag: J.B. Metzler (11. April 2014)

Daniel Ender: Richard Strauss: Meister der Inszenierung, 320 Seiten, Verlag: Böhlau Wien; 1. Auflage (29. April 2014)