Verbot von Corona-Demo gekippt
28. August 2020Der Anmelder habe durch die Bereitstellung von 900 Ordnern und hundert Deeskalationsteams "hinreichende Vorkehrungen" getroffen, entsprechend auf die Versammlungsteilnehmer einzuwirken, teilte das Berliner Verwaltungsgericht mit. Aus dem Konzept des Anmelders ist demnach nicht zu erkennen, dass er das Abstandsgebot bei der Veranstaltung "bewusst missachten" werde.
Eine solche Prognose lasse sich weder aus dem Verlauf der Versammlung in der deutschen Hauptstadt am 1. August noch aus der kritischen Haltung der Teilnehmer zur Corona-Politik ableiten, erklärte das Gericht. Außerdem bemängelte das Gericht, die Versammlungsbehörde habe nur unzureichend Alternativen zu einem Versammlungsverbot geprüft, wie etwa die Änderung des Orts oder eine Begrenzung der Teilnehmerzahl.
Allerdings muss der Veranstalter laut dem Urteil weitere Auflagen beachten: Im Bühnenbereich müssen Gitter aufgestellt werden, auch muss regelmäßig auf die Mindestabstände hingewiesen werden. Die Versammlungsbehörde darf außerdem weitere Auflagen zur Einhaltung des Mindestabstands erlassen.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Berliner Polizei legte Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) ein, wie ein Gerichtssprecher sagte. Das Land Berlin will das Oberverwaltungsgericht anrufen, wie Polizeipräsidentin Barbara Slowik kurz vor Bekanntgabe der Entscheidung für den Fall einer juristischen Niederlage in erster Instanz bekräftigt hatte.
Zu der Demo gegen die Corona-Schutzmaßnahmen am Samstag in Berlin hatte die Initiative "Querdenken 711" aus Stuttgart 22.500 Teilnehmer auf der Straße des 17. Juni nahe dem Brandenburger Tor angemeldet. Die Versammlungsbehörde der Polizei hatte diese größere Demonstration und neun weitere kleinere Veranstaltungen am Mittwoch verboten. Grund waren ähnliche Aktionen am 1. August in Berlin, bei denen Teilnehmer massiv gegen Hygiene- und Distanzregeln verstoßen hatten. Der Großteil der laut Polizei rund 20.000 Teilnehmer trug damals keinen Mund-Nasen-Schutz und verstieß gegen die Abstandsregeln.
Gegen das Verbot der neuen Demo hatte "Querdenken 711" als Anmelderin einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht eingelegt.
Die Berliner Polizei will am Samstag mit 3000 Kräften im Einsatz sein. Man sei auf jede Situation vorbereitet, sagte Einsatzleiter Stefan Katte vor Journalisten. Sollten sich die Teilnehmer nicht an die Auflagen halten, werde man "zügig räumen". "Wir werden nicht zusehen, wie gegen den Infektionsschutz verstoßen wird", führte Katte aus. Er wird mit rund 30.000 Teilnehmern gerechnet.
uh/AR (dpa, afp)