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Rousseffs Spagat zwischen Regenwald und Agrarlobby

26. Mai 2012

In Brasilien hat die Staatschefin ein Teilveto gegen das wirtschaftsfreundliche Waldgesetz eingelegt. Für Umweltschützer reicht dies nicht aus, um die Natur am Amazonas wirksam vor der weiteren Vernichtung zu schützen.

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Ein Arbeiter fällt mit einer Kettensäge einen Baum im Regenwald am Amazonas (Foto: "picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Knapp vier Wochen vor der UN-Umwelt- und Nachhaltigkeitskonferenz "Rio+20" hat Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff wichtige Teile des umstrittenen Waldgesetzes mit einem Veto blockiert. Damit will sie Amnestieregelungen für illegale Rodungen und eine weitere Zunahme der Waldzerstörung verhindern. Umweltorganisationen kritisierten diesen Schritt aber als völlig unzureichend. Die Zukunft des Regenwaldes sei weiter ungewiss und die Gefahr nicht gebannt.

Der sogenannte "Código Florestal" war im Dezember 2011 vom Senat und im April von der Abgeordnetenkammer mit Änderungen zugunsten der Agrar-Lobby verabschiedet worden. Ein Inkrafttreten des Gesetzes hängt von der Zustimmung der Präsidentin ab. Brasiliens Umweltministerin Izabella Teixeira informierte bei einer Pressekonferenz mit Agrarminister Mendes Ribeiro Filho über die Entscheidung der Staatschefin. Danach legte Rousseff gegen zwölf Punkte des Entwurfes ihr Veto ein und nahm zudem 32 Änderungen vor.

"Brasilien spielt mit der Zukunft seiner Wälder"

Teixeira sagte, das Teilveto respektiere die Entscheidung des Kongresses und vermeide "juristische Unsicherheit". Die Regierung habe versucht, die Vereinbarungen zu erhalten, aber die Abholzung des Regenwaldes nicht straffrei zu stellen. Ziele seien der Schutz des Regenwaldes und der Biomasse sowie die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft. Agrarminister Ribeiro Filho betonte wiederum, durch die von Rousseff vorgenommmen Änderungen werde Brasilien nichts von seiner Kapazität als einer der weltgrößten Nahrungsmittelproduzenten einbüßen. Der Kongress kann mit einer Mehrheit in beiden Häusern das Veto überstimmen. Möglicherweise kommt es noch im Juni zu einer Entscheidung.

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff (Foto: AP)
Brasiliens Präsidentin Rousseff versucht den Spagat zwischen ökologischen und ökonomischen InteressenBild: AP

Umweltaktivisten zeigten sich enttäuscht über die Entscheidung Rousseffs. Die Umweltschutzorganisation WWF kritisierte, die Staatschefin habe nur ein Teilveto eingelegt, nicht aber den gesamten Text abgelehnt. Nur ein komplettes Veto ermögliche aber einen Neustart der Debatte mit Beteiligung der ganzen Gesellschaft und der Wissenschaftler. "Brasilien und die Welt sehen ein Land, das weiter mit der Zukunft seiner Wälder spielt", warnte Brasiliens WWF-Generalsekretärin Maria Cecília Wey de Brito. Es bleibe der Zweifel, wie Brasilien seine internationalen Versprechen zum Schutz des Klimas und der Biodiversität erfüllen wolle.

Mehr als 6.200 Quadratkilometer in einem Jahr abgeholzt

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace sprach von einem weiteren unglücklichen Kapitel im Streit über den "Código Florestal". Rousseff habe dabei versagt, den Regenwald im Amazonas-Gebiet zu schützen. "Statt den nun vorliegenden Gesetzestext erneut zu überarbeiten, sollte die Präsidentin Brasiliens endlich ein echtes Schutzgesetz für den größten Tropenwald der Erde unterstützen", forderte Greenpeace-Waldexperte Oliver Salge.

Gefällte Bäume liegen am Rande eines Urwaldes in der Amazonasregion in Brasilien (Foto: picture-alliance/dpa)
Im "Código Florestal" sehen Umweltschützer nur einen Freibrief für weitere Abholzungen im Amazonas-GebietBild: picture-alliance/dpa

Umweltschützer laufen seit Monaten Sturm gegen die vom Kongress gebilligte Novelle, die nach ihrer Auffassung einen "Freibrief für Abholzungen" im Amazonas-Gebiet darstellt. Brasilien ist vom 20. bis 22. Juni Gastgeber des "Rio+20"-Gipfels, bei dem auch der Schutz der Regenwälder ein Thema ist. Für Wissenschaftler ist es erwiesen, dass die Waldzerstörung in Brasilien nahezu zwei Drittel der - weltweiten - klimaschädlichen CO2-Emissionen verursacht. Von August 2010 bis Juli 2011 wurden nach offiziellen Angaben etwa 6238 Quadratkilometer Regenwald zerstört, elf Prozent weniger als im Vergleich zum Zeitraum 2009/2010. Brasilien will seine CO2-Emissionen bis 2020 drastisch reduzieren und die Waldabholzung dazu um 80 Prozent verringern.

sti/se (dpa, dapd, epd)