Russland bereit zu Feuerpause in Aleppo
18. August 2016Angesichts der humanitären Krise in Aleppo hat sich Russland jetzt doch dazu bereiterklärt, jede Woche eine 48 Stunden lange Feuerpause in der nordsyrischen syrischen Stadt Aleppo einzulegen. Die Feuerpause solle ab kommender Woche eingehalten werden und Hilfslieferungen ermöglichen, erklärte das Moskauer Verteidigungsministerium über Twitter.
Die Regierung in Moskau geht damit auf eine entsprechende Forderung der UNO angesichts der intensivierten Kämpfe in Aleppo ein. Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, hatte von den Konfliktparteien in Aleppo "wöchentliche 48-stündige humanitäre Pausen" verlangt, um die zahlreichen hilfsbedürftigen Menschen in Aleppo mit Nahrungsmitteln und Medikamenten zu versorgen.
Russland, das hinter Syriens Präsident Baschar al-Assad steht, hatte bisher tägliche dreistündige Feuerpausen zur Versorgung der Menschen angeboten. Darauf sind die Aufständischen aber nicht eingegangen. Die UN bestehen auf mindestens 48 Stunden Zeit.
Deutschland forderte unterdessen gemeinsam mit den anderen 27 EU-Staaten eine sofortige Waffenruhe für die Stadt. Die anhaltenden Bombenangriffe und Belagerungen behinderten die Hilfsbemühungen der internationalen Gemeinschaft, teilte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini im Namen aller Mitgliedsländer mit. Die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen solle die Rettung von Verletzten, Hilfslieferungen sowie die Wiederherstellung der Wasser- und Stromversorgung ermöglichen. Gleichzeitig mahnten die EU-Staaten Konfliktparteien wie Russland und die syrischen Regierungskräfte vor einem Missbrauch humanitärer Einsätze. "Sie dürfen nicht Teil einer Militärstrategie sein", hieß es in der Erklärung.
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) erklärte, es sei in "größter Sorge" um die Menschen im Osten Aleppos. Durch die neue Versorgungsroute der Opposition im Süden der syrischen Stadt komme zwar "ein wenig" Hilfe in das Kriegsgebiet, sagte WFP-Syrien-Direktor Jakob Kern der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "In großem Stil kann dort aber keine Hilfe hineingebracht werden." Laut Kern verteilt das WFP im Osten Aleppos nur halbe Rationen, "weil die Leute wissen, dass es sonst nicht mehr reicht".
Eine von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vorgeschlagene Luftbrücke zur Versorgung der Menschen in Aleppo hält Kern für unrealistisch. Über besiedelten Gebieten sei es zu gefährlich, Güter aus großer Höhe abzuwerfen. Wenn die Fallschirme sich nicht öffneten, könnten sie "zu Bomben werden", sagte er. 48-stündige Waffenruhen seien eine Bedingung dafür, um Hilfskonvois auf den Weg zu bringen.
Die einstige syrische Wirtschaftsmetropole ist geteilt zwischen Regierungstruppen auf der einen Seite und Rebellen sowie mit ihnen verbündeten Dschihadisten auf der anderen Seite. Während das Regime den Westteil der Stadt beherrscht, kontrollieren Rebellen den Osten, der wegen fast täglicher Luftangriffe syrischer und russischer Kampfjets stark zerstört ist.
Im Juli hatten Regimeeinheiten mit russischer Luftunterstützung die letzte Versorgungsroute der Rebellen in die Stadt gekappt und bis zu 300.000 Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Mittlerweile haben Regimegegner wieder einen Nachschubweg freigekämpft, um den jedoch heftige Gefechte toben.
Eine vollständige Eroberung Aleppos könnte zu einem Wendepunkt in dem verheerenden Bürgerkrieg werden. In Erwartung der entscheidenden Schlacht um Aleppo haben die Konfliktparteien weitere Kämpfer und Waffen in der Großstadt zusammengezogen.
stu/cr (afp, dpa, rtr)