Russlands Pläne für den G8-Vorsitz
1. Januar 2006Zum ersten Mal hat Russland den Vorsitz über die G8-Staaten inne. Das hat das Land vor allem seinen Energieressourcen zu verdanken, denn bei den Pro-Kopf-Einnahmen bleibt das Land immer noch hinter den sieben reichsten Nationen zurück. Daher möchte Russland die Energiepolitik wohl auch zu einem Schlüsselthema beim nächsten G8-Gipfel im Sommer 2006 in St. Petersburg machen. "Ich habe unsere Möglichkeiten bei allen Energieträgern - bei Erdöl, Erdgas und Kernenergie im Auge. Wenn man das all das zusammenlegt, so ist Russland zweifellos Weltspitze", sagte der russische Präsident Wladimir Putin bereits auf dem letzten G8-Gipfel im Sommer 2005 in Schottland. Er sei bereit, Energie-Probleme offen zu erörtern. Unter dem russischen Vorsitz soll es aber auch um Fragen der Umweltpolitik, der Armutsbekämpfung und um den Bevölkerungsrückgang in Europa gehen.
Volle Integration ist noch nicht erreicht
Der Weg Russlands zum G8-Vorsitz war allerdings lang und nicht leicht. 1992 lehnten die damaligen "Sieben" den Vorschlag der USA ab, Russland zu einem vollberechtigten Mitglied des Klubs zu machen. Das Land sei noch nicht bereit, hieß es in der Begründung. Später wurde die Formel "7+1" praktiziert, bei der Russland nur zur Erörterung eines beschränkten Kreises von Fragen geladen wurde.
Eine volle Integration Russlands ist allerdings immer noch nicht erreicht: In den Finanzklub der G7 ist das Land bislang noch nicht aufgenommen. Ursprünglich war geplant, dass Moskau 2006 vollständig aufgenommen wird. Grund für die Ausgrenzung Moskaus sollen nach Angaben der "Financial Times Deutschland" Zweifel am marktwirtschaftlichen Kurs Russlands sein. Russland hingegen betonte bereits im November man eile nicht in den Finanzklub. Zuerst stehe ein Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) und zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auf der Tagesordnung. Daher bleibt Russland auch im eigenen Land von den zentralen Beratungen der G7-Finanzminister und -Notenbankchefs ausgeschlossen und wird, wie bislang, nur zu allgemeinen politischen Diskussionen hinzugezogen.
Kritik an Russlands G8-Rolle
Im Vorfeld wurde harsche Kritik am Vorsitz Russlands laut. Besonders das umstrittene Gesetz über Nichtregierungsorganisationen (NGOs), dem zufolge diese in Russland schneller verboten werden könnte, wurde von den Teilnehmern stark kritisiert. Vor allem in den USA entbrannte eine Diskussion darüber, was Russland eigentlich in der G8 verloren habe. In Europa, den USA und von Menschenrechtsaktivisten wird befürchtet, dass mit dem Gesetz über die NGOs einer der letzten regierungskritischen Bereiche in Russland mundtot gemacht werde. Medien, Wirtschaft und Parlament stehen bereits weitgehend unter der Kontrolle der Regierung. US-Kongressabgeordnete forderten daher sogar den Ausschluss Russlands aus dem G8-Gremium. Zu dieser Forderung hatte auch das strenge Urteil gegen Ex-Jukos-Chef Michail Chodorkowski, der zu neun Jahren Haft verurteilt wurde, beigetragen.
Zuletzt ist der Wirtschaftsberater des russischen Präsidenten, Andrej Illarjonow, aus Protest gegen die Einschränkung der Freiheitsrechte sogar zurück getreten. Seiner Meinung nach habe Russland aufgehört ein freies und demokratisches Land zu sein. Doch die G8 stehen fest zu Russland. Deutschland gilt als Befürworter einer Vollmitgliedschaft Russlands - auch im Kreise der Finanzminister.
Hilfe für GUS-Staaten geplant
Trotz der Kritik hat sich Russland für den G8-Vorsitz viel vorgenommen. Das Land will analog zur Entschuldungsinitiative für Afrika, die unter dem britischen G8-Vorsitz auf den Weg gebracht wurde, ein ähnliches Projekt für die Staaten der ehemaligen Sowjetunion aufgreifen. Laut Wladimir Putin soll dabei den früheren Sowjetrepubliken in Zentralasien besondere Aufmerksamkeit zukommen. Staaten wie Tadschikistan, Kirgisien, Georgien und Moldawien oder auch der Kaukasus seien schwer verschuldete Entwicklungsländer und dringend auf Hilfe angewiesen. Am Rande des G8-Gipfels in Gleaneagles im vergangenen Sommer äußerte er: "Wir sollten diesen Raum zu einem Ort der Kooperation machen. Wir müssen unser Bestes tun, um diese Länder bei der Entwicklung von Demokratie und dem Ausbau ihrer wirtschaftlichen Kapazitäten zu unterstützen".
Demographie-Problem soll angepackt werden
Moskau ist wie auch die meisten G8-Teilnehmer über ein weiteres Thema besorgt: die Notwendigkeit der Kontrolle über die Erfüllung des Kyoto-Protokolls, das die Emissionen von Treibhausgasen in der Erdatmosphäre regelt. Wie Putin mehrfach öffentlich sagte, "ist es notwendig, mit den Ländern zu arbeiten, die sich noch nicht dem Kyoto-Protokoll angeschlossen haben".
Doch auch Probleme in den eigenen Ländern will man aufgreifen. Eines davon sei die Demographie, bemerkte Putin in Schottland. "Je dicker, fetter und reicher wir werden, desto mehr Probleme haben wir mit der Demographie." Darin sei er sich mit den anderen Staatschefs einig. Auf dem Treffen in St. Petersburg im Sommer 2006 wolle man sich dann über das Problem verständigen.