Südukraine: Robotyne zurückerobert
Veröffentlicht 28. August 2023Zuletzt aktualisiert 28. August 2023Das Wichtigste in Kürze:
- Umkämpfte Ortschaft Robotyne wieder in ukrainischer Hand
- Türkischer Präsident Erdogan kündigt Besuch bei Putin an
- Mehrere Vorfälle über der Krim und dem Schwarzen Meer
- Schwedisches Gericht klagt Russlandschweden wegen Spionage für Moskau an
- Selenskyj: Wahlen sollen trotz des Kriegs stattfinden
- Russe unter Spionageverdacht festgenommen
Ukrainische Truppen haben nach eigenen Angaben die umkämpfte Ortschaft Robotyne im Südosten des Landes zurückerobert. "Robotyne ist befreit worden", zitiert das Militär die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar in einer Erklärung. Die Armee versuche im Zuge ihrer Gegenoffensive, gegen die russischen Invasionstruppen weiter im Süden vorzustoßen. Das ukrainische Militär hatte vor wenigen Tagen mitgeteilt, Soldaten hätten in Robotyne die Nationalflagge gehisst. Das Dorf stehe allerdings immer noch unter russischem Beschuss hieß es damals.
Robotyne liegt zehn Kilometer südlich der Frontstadt Orichiw in der Region Saporischschja an einer wichtigen Straße nach Tokmak, einem von Russland besetzten Straßen- und Eisenbahnknotenpunkt. Die Einnahme von Tokmak wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg der ukrainischen Truppen nach Süden in Richtung Asowsches Meer, um die russischen Streitkräfte im Osten der Ukraine zu spalten. Robotyne ist zudem nur ungefähr 100 Kilometer vor Berdjansk und 85 Kilometer von Melitopol entfernt. Beide Städte sind ebenfalls in Händen russischer Truppen und gelten als strategisch wichtig.
Die Zeitung "New York Times" hatte vergangene Woche berichtet, dass US-Strategen der Ukraine geraten hätten, die Front in Richtung Melitopol voranzutreiben und dabei russische Minenfelder sowie andere Verteidigungsanlagen zu durchbrechen - auch wenn die Ukrainer dabei weitere Soldaten und Ausrüstung verlieren sollten.
Türkischer Präsident Erdogan will Putin besuchen
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird nach eigenen Angaben "bald" Russland besuchen, um mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin über eine mögliche Wiederaufnahme des Getreideabkommens mit der Ukraine zu diskutieren. Das Treffen werde in der russischen Schwarzmeerstadt Sotschi stattfinden, sagte der Sprecher von Erdogans Partei AKP, Ömer Celik. Die Türkei hoffe durch die Gespräche eine "drohende Ernährungskrise" zu verhindern. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte Journalisten, es werde "intensiv" an der Vorbereitung des Treffens gearbeitet. Er nannte aber ebenso wie Celik kein Datum.
Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, der türkische Präsident könnte am 9. September auf seinem Weg zum G20-Gipfel in Indien in Russland Halt machen. Moskau war Mitte Juli aus dem Getreideabkommen ausgestiegen, das der Ukraine trotz des Krieges den Transport von Getreide über das Schwarze Meer ermöglicht hatte. Die Ukraine öffnete Anfang August dann von mehreren Schwarzmeerhäfen aus Seewege für Handelsschiffe - ungeachtet der russischen Ankündigung, jedes Schiff aus der Ukraine oder mit dem Ziel Ukraine ins Visier zu nehmen.
Krim und Schwarzes Meer rücken offenbar stärker in den Fokus
Russland hat nach eigenen Angaben zwei ukrainische Drohnen über der annektierten Krim abgefangen. Eine der Drohnen sei über dem nördlichen Teil der Schwarzmeer-Halbinsel, die andere im Westen abgeschossen worden. Das teilte der von Russland eingesetzte Verwalter der Region, Sergej Axjonow, über den Kurznachrichtendienst Telegram mit.
Zudem teilte das russische Verteidigungsministerium mit, einen ukrainischen Marschflugkörper über dem Schwarzen Meer in der Nähe der annektierten Halbinsel Krim abgefangen zu haben. Bereits gestern hatte Russland - ebenfalls nach eigenen Angaben - eine US-Aufklärungsdrohne vom Typ MQ-9A "Reaper" über dem Schwarzen Meer ausgemacht. Nachdem man einen Kampfjet dorthin geschickt habe, sei die Drohne abgedreht. Aus Washington gab es zunächst keine Stellungnahme dazu. Die USA hatten nach früheren Vorfällen über dem Schwarzen Meer betont, ihre Aufklärungsdrohnen befänden sich rechtmäßig im internationalen Luftraum.
Schwedisches Gericht klagt mutmaßlichen russischen Spion an
Ein Gericht in Schweden hat einen Mann mit schwedischer und russischer Staatsbürgerschaft wegen des Verdachts auf Spionage für Moskau angeklagt. Der 60-jährige sei wegen "illegaler Geheimdienstaktivitäten" gegen die USA und Schweden angeklagt worden, hieß es in Gerichtsdokumenten. Er soll Informationen und Produkte westlicher Technologien an den russischen Militärgeheimdienst GRU weitergeleitet haben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, über einen Zeitraum von rund zehn Jahren "diverse Gegenstände" beschafft zu haben, die für Moskau und die russischen Streitkräfte wegen Exportbeschränkungen und Sanktionen nicht auf dem freien Markt verfügbar waren. Dem mutmaßlichen Spion drohen bei einer Verurteilung bis zu vier Jahre Haft. Er hat alle Vorwürfe zurückgewiesen. Der Prozess beginnt nach Angaben des zuständigen Bezirksgerichts in Stockholm am 4. September unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Ukraine strebt Wahlen trotz des Krieges an
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will trotz der anhaltenden russischen Invasion nationale Wahlen abhalten, hofft dafür aber auf finanzielle Unterstützung. Er sagte, es werde sehr schwierig sein, die Wahlen durchzuführen. Eine Voraussetzung dafür finanzielle Unterstützung durch die USA und die EU. Er werde keine Wahlen auf Kredit abhalten und auch keine Mittel aus dem Verteidigungshaushalt dafür abziehen.
Das Hauptproblem für legitime Wahlen sei, wie man sicherstellen könne, dass auch die Soldaten wählen können. Dafür müssten Wahlbeobachter in die Schützengräben entsandt werden. Zudem solle sichergestellt werden, dass die Millionen ukrainischer Flüchtlinge, die sich in ganz Europa in Sicherheit gebracht hätten, teilnehmen könnten. Der republikanische US-Senator Lindsey Graham hatte bei seinem Besuch in Kiew gefordert, die Ukraine solle trotz des Krieges spätestens 2024 Wahlen abhalten.
FSB: Russischer Staatsbürger unter Spionageverdacht festgenommen
Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben einen ehemaligen russischen Mitarbeiter des US-Konsulats in Wladiwostok wegen der Weitergabe von Informationen zum Ukraine-Konflikt an die Vereinigten Staaten festgenommen. Er habe die "illegalen Aktivitäten des Mannes unterbunden", erklärte der FSB. Ihm werde vorgeworfen, ein Informant der US-Botschaft in Moskau gewesen zu sein.
Außerdem wird der Festgenommene beschuldigt, gegen Bezahlung Informationen über die russischen Mobilmachungsprozesse in den Regionen an die politische Abteilung der US-Botschaft weitergegeben zu haben. Er soll die USA auch über Proteste vor den Präsidentschaftswahlen in Russland 2024 informiert haben. Der Vorfall droht, das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Moskau und Washington weiter zu belasten.
Selenskyj sagt Korruption den Kampf an
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will nach eigenen Angaben das Parlament in Kiew zu strengeren Strafen bei Korruption auffordern. Den Abgeordneten werde er einen Entwurf zukommen lassen, wonach der Straftatbestand der Korruption für die Dauer des Kriegs mit Landesverrat gleichzusetzen sei, so Selenskyj in einem Interview. "Ob der Gesetzgeber diesen Vorschlag unterstützen wird, weiß ich nicht - aber ich werde es auf jeden Fall vorschlagen", sagte er.
Selenskyj zeigte sich überzeugt, dass eine solche rechtliche Gleichstellung für die Dauer des russischen Angriffskriegs gegen sein Land hilfreich sein könnte. Eine erfolgreiche Bekämpfung von Korruption und Schattenwirtschaft läge auch in der Hand der Bürger und Unternehmen, mahnte er. "Wir müssen ehrlich sein, wir müssen Steuern zahlen", sagte er in dem Onlinevideo-Interview.
Die Gesetzgebung in der Ukraine sieht für Korruption bisher unterschiedliche Strafen vor, von Geldstrafen bis zu vier Jahren Haft. In besonders schweren Fällen können es bis zu zwölf Jahre sein. Landesverrat hingegen wird mit 15 Jahren bis lebenslang bestraft. Eine Verbesserung der Korruptionsbekämpfung ist ein wichtiger Teil der Voraussetzungen der Europäischen Kommission für einen möglichen EU-Beitritt der Ukraine. Auch fordert die Europäische Union, dass Standards im Kampf gegen Geldwäsche eingehalten werden und ein Gesetz gegen den übermäßigen Einfluss von Oligarchen umgesetzt wird.
Generalinspekteur: Plan für Litauen-Brigade steht bald
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, erwartet zügige Fortschritte bei den Planungen für die Stationierung einer deutschen Brigade in Litauen. Bei einem Besuch in dem baltischen Land machte er deutlich, der Planungsprozess solle in diesem Jahr abgeschlossen werden. 2024 werde die
"Umsetzungsphase" beginnen. Eine Arbeitsgruppe werde "weitreichende und komplexe Fragen" zu klären haben, doch sei er überzeugt, dass der Zeitplan eingehalten werde.
Deutschland will rund 4000 Soldaten als eigenständig handlungsfähigen und gefechtsbereiten Verband in Litauen stationieren. Damit soll dem Bedürfnis des NATO-Verbündeten nach einer verstärkten Abschreckung Rechnung getragen werden. Dies ist auch Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Resnikow: F-16 werden "ernsthafter Game-Changer"
Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow hält den Einsatz westlicher F-16-Kampfjets bereits ab dem kommenden Frühjahr für wahrscheinlich. Die Ukraine habe mit den Ausbildungskursen für Piloten, Ingenieure und Techniker begonnen, begründete Resnikow den von ihm veranschlagten Zeitplan. Sein Land werde "die Infrastruktur für die F-16" bis dahin vorbereiten müssen, sagte er dem Springer-Verlag.
Der Minister erwartet demnach, dass die westlichen Jets sich als ein "ernsthafter Game-Changer" im Kampf gegen die russischen Truppen erweisen werden. "Wir müssen die Vorherrschaft Russlands am Himmel beenden, neben dem Schlachtfeld", sagte Resnikow. Die ukrainischen Streitkräfte könnten mit F-16-Kampfjets ihre Kapazitäten am Himmel stärken, um den Luftraum zu schützen. "Das wäre schon ein großer Durchbruch für uns. Sehr groß."
Die ukrainische Luftwaffe bemüht sich derzeit, ihre aus der Sowjetzeit stammende Luftflotte zu verstärken. Dänemark, die Niederlande und zuletzt Norwegen hatten der Ukraine kürzlich die Lieferung von F-16-Jets zugesagt.
Flugverkehr in Region Moskau zeitweise unterbrochen
Der Flugverkehr an den beiden großen Moskauer Flughäfen Domodedowo und Wnukowo sowie am Militärflughafen Schukowsk ist in der Nacht zum Montag erneut ausgesetzt worden. Vorübergehend seien die Flughäfen von Russlands Hauptstadt für Starts und Landungen geschlossen worden, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf die Luftverkehrsdienste. Kurz darauf habe sich der Betrieb jedoch wieder normalisiert. Später teilte Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin mit, eine Richtung Moskau fliegende Drohne sei in der Nähe von Ljuberzy südöstlich der Hauptstadt zerstört worden.
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben auch zwei Drohnen und einen Marschflugkörper über der völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim abgeschossen. Einen weiteren Drohnenangriff wehrten die russischen Streitkräfte nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau in der Region Brjansk nahe der Grenze zur Ukraine ab.
Tote bei russischen Raketenangriffen
Bei einem russischen Raketenangriff auf eine Speiseölfabrik in der zentralukrainischen Region Poltawa sind nach Angaben der örtlichen Behörden drei Menschen getötet und fünf verletzt worden. Alle Opfer seien zum Zeitpunkt des Angriffs in Nachtschichten in dem rund 250 Kilometer östlich der Hauptstadt Kiew gelegenen Betrieb im Einsatz gewesen, schrieb der Leiter des Präsidentenamtes, Andrij Jermak, auf Telegram.
Dem ukrainischen Militär zufolge wurde auch die Region um die südöstliche Stadt Krywyj Rih aus der Luft angegriffen.
Zweites Schiff hat "temporären Korridor" im Schwarzen Meer durchquert
Knapp sechs Wochen nach dem Aus des Getreideabkommens mit Russland hat nach Angaben aus Kiew ein zweites Frachtschiff nach dem Auslaufen im südukrainischen Hafen von Odessa sichere Gewässer erreicht. Der unter liberianischer Flagge fahrende Frachter "Primus", der im Besitz einer Reederei aus Singapur sei, habe "rumänische Gewässer erreicht, nachdem er erfolgreich durch unseren temporären Schwarzmeer-Korridor gefahren ist", ließ der ukrainische Präsident Selenskyj verlauten. Er dankte "allen, die dies möglich gemacht haben". Das Schiff hat nach seinen Angaben Stahl für den afrikanischen Markt geladen.
Russland war Mitte Juli aus dem Getreideabkommen ausgestiegen, das der Ukraine trotz des Krieges den Transport von Getreide über das Schwarze Meer ermöglicht hatte. Die Ukraine öffnete Anfang August dann von mehreren Schwarzmeerhäfen aus Seewege für Handelsschiffe - ungeachtet der russischen Ankündigung, nach dem Auslaufen des Getreideabkommens jedes Schiff aus der Ukraine oder mit dem Ziel Ukraine im Schwarzen Meer als feindliches Objekt ins Visier zu nehmen.
bru/ehl/se/AR/qu/wa (rtr, dpa, afp)
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