Poroschenko-Brief war Fälschung
10. März 2016Am Donnerstagmittag wurde bekannt, dass Nadja Sawtschenko wieder begonnen habe, Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Die 34-Jährige komme damit einer Bitte von Präsident Petro Poroschenko nach, erklärten ihre Anwälte.
Nur wenige Stunden später stellte sich der vermeintliche Präsidenten-Brief als Fälschung heraus. Wie die Verteidiger der inhaftierten Kampfpilotin einräumen mussten, kam das Schreiben nicht aus dem ukrainischen Präsidentenpalast.
Streich mit falschem Absender
Verfasser des Fake-Briefes sollen die Komiker Wladimir Kusnezow und Alexej Stoljarow sein. Die beiden behaupteten in russischen Medien, sie hätten den Brief den Anwälten Sawtschenkos untergeschoben - wie sie im vergangenen Jahr auch schon Elton John reingelegt hätten. Damals hatten sie dem offen homosexuellen Musiker vorgetäuscht, er telefoniere mit Russlands Präsident Wladimir Putin über die Rechte von Homosexuellen.
Die Anwälte von Nadja Sawtschenko vermuten hinter der Täuschungsaktion jedoch eher den russischen Geheimdienst FSB. Dem Komiker Kusnezow, Künstlername "Vovan", werden enge Kontakte zum Geheimdienst nachgesagt. Entsprechende Vorwürfe hat er allerdings mehrfach zurückgewiesen.
Internationaler Druck wächst
Auch wenn die Herkunft des vermeintlichen Poroschenko-Briefes nicht geklärt ist - klar ist, dass der ukrainische Präsident sich wiederholt für Sawtschenko eingesetzt hat. Bei einem Besuch in der türkischen Hauptstadt Ankara sagte Poroschenko am Mittwoch, er sei bereit, die Pilotin gegen zwei russische Gefangene auszutauschen. "Unsere Hauptaufgabe ist es, Nadeschda zu retten", so Poroschenko.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat sich ebenfalls internationalen Forderungen nach einer Freilassung Sawtschenkos angeschlossen. "Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich rapide und wir alle befürchten schreckliche Folgen", hieß es in einer von der EU-Vertretung in Moskau verbreiteten Mitteilung Mogherinis. Und weiter: "Dies ist nicht mehr nur ein juristischer oder politischer Fall, es ist eine Frage des menschlichen Mitgefühls."
Volksheldin oder Kriegsverbrecherin
Das Urteil im Prozess gegen Nadja Sawtschenko wird für den 21. oder 22. März erwartet. Bis dahin will sie ihren Hungerstreik fortsetzen - jetzt aber wenigstens Flüssigkeit zu sich nehmen. Ihren Anwälten zufolge verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand allerdings zusehends.
Der ukrainischen Kampfpilotin wird von Moskau der Tod zweier russischer Journalisten in der von prorussischen Rebellen besetzten Stadt Luhansk vorgeworfen. Sawtschenko, die dort als Freiwillige gegen prorussische Separatisten gekämpft hatte, soll dabei Mörserfeuer auf Zivilisten gelenkt haben. Im Falle einer Verurteilung drohen ihr 23 Jahre Gefängnis. In ihrer Heimat Ukraine wird die Soldatin dagegen als Heldin verehrt. Die Regierung in Kiew wirft Russland vor, Sawtschenko entführt zu haben und fordert ihre Freilassung.
mak/qu (afp, rtr, dpa)