Schäfers Siebenkampf ohne Happy-End
15. August 2014Am Ende fehlten nur drei Sekunden zu Bronze: Das Siebenkampf-Märchen von Carolin Schäfer fand bei der Leichtathletik-EM in Zürich kein Happy-End. Im Letzigrund-Stadion verpasste sie eine Medaille nur um die Kleinigkeit von 28 Punkten, konnte nach der Steigerung ihrer Bestleistung auf 6395 Punkte aber auch mit dem undankbaren vierten Platz zufrieden sein. Schäfer ließ sich mit einer deutschen Blumenkette um den Hals von den Fans feiern. Bei ihrer Rückkehr auf die große Bühne kam Lilli Schwarzkopf (6332 Punkte), Silbermedaillengewinnerin der olympischen Sommerspiele 2012 in London, knapp zwei Jahre nach ihrem Achillessehnenriss auf Rang fünf und feierte ein starkes Comeback.
Titelverteidigerin Antoinette Nana Djimou aus Frankreich (6551) war erneut nicht zu schlagen und sicherte sich ihr zweites Gold in Serie. Nadine Broersen aus den Niederlanden (6498) gewann Silber vor der Belgierin Nafissatou Thiam (6423). Die WM-Vierte Claudia Rath (6225) wurde Achte.
Hammerwurf-Enttäuschung
Unterdessen verpassten auch die deutschen Hammerwerferinnen Betty Heidler und Kathrin Klaas eine Medaille. Klaas kam mit 72,89 Metern auf Rang vier, Weltrekordlerin Betty Heidler wurde mit 72,39 Metern nur Fünfte. "Es ist nicht annähernd das herausgekommen, was ich gewollt habe. Ich habe Gas gegeben, aber es hat nicht gereicht", sagte Heidler, und auch Klaas war restlos bedient: "Das ist bitter, das nervt. Aber Ich muss nach vorne schauen." Die Polin Anita Wlodarczyk verteidigte mit der Weltjahresbestweite von 78,76 Metern überlegen ihren Titel von 2012. Silber ging an Martina Hrasnova aus der Slowakei (74,66), die Polin Joanna Fiodorow (73,67) holte in ihrem letzten Versuch Bronze.
Weltmeister und Top-Favorit Bogdan Bondarenko holte den Titel im Hochsprung. Der Europarekordler aus der Ukraine sicherte sich mit übersprungenen 2,35 Metern Gold und setzte sich damit gegen seinen Landsmann Andrej Protsenko (2,33 Meter) durch. Bei kühlen Temperaturen und leichtem Nieselregen versuchte sich Bondarenko danach an einem neuen Europarekord von 2,43 m, brach die Rekordjagd aber nach einem missglückten Versuch ab. Bronze ging an Olympiasieger Iwan Uchow aus Russland (2,30). Ein deutscher Hochspringer war in Zürich nicht am Start.
Sprint-Double für die Niederlande
Die Niederländerin Dafne Schippers gewann auch über 200 Meter und machte damit das Sprint-Double perfekt. Die 22-Jährige setzte sich in neuem Landesrekord von 22,03 Sekunden vor ihrer Landsfrau Jodie Williams (22,46 Sekunden) sowie der Französin Myriam Soumare (22,58) durch. Schippers gewann damit als erste Läuferin seit der Belgierin Kim Gevaert 2006 wieder beide Sprintstrecken und rannte die beste Zeit einer Europäerin seit 19 Jahren. "Davon hätte ich nicht zu träumen gewagt", sagte Schippers: "Zwei Goldmedaillen? Das fühlt sich großartig an und ist ein riesiger Erfolg." Deutsche Sprinterinnen waren über die halbe Stadionrunde nicht am Start.
Unterdessen entthronte der Brite Adam Gemili Titelverteidiger Christophe Lemaitre über 200 Meter. In 19,98 Sekunden lief der neue Europameister dem Franzosen davon. Lemaitre kam in 20,15 Sekunden als Zweiter ins Ziel. Dritter wurde Serhij Smelik aus der Ukraine in 20,30 Sekunden. Auch hier waren keine deutschen Läufer am Start.
Gaba Sechster über die Stadionrunde
Der deutsche 400-Meter-Meister Kamghe Gaba belegte im Finale den sechsten Platz. Beim Sieg des Briten Martin Rooney in starken 44,71 Sekunden kam der 2,02-Meter-Hüne in 45,83 Sekunden ins Ziel. Den britischen Doppel-Sieg macht Matthew Hudson-Smith (44,75 Sekunden) vor dem Israeli Donald Sanford (45,27) perfekt. "Als die Jungs bei 280, 300 Metern an mir vorbeigeschossen sind, wusste ich, da kann ich nicht mithalten", sagte der 30 Jahre alte Gaba, der als erster Deutscher seit dem Titelgewinn von Ingo Schultz 2002 in München in einem EM-Finale über die Stadionrunde stand: "Mit Platz sechs kann ich zufrieden sein."
Bei den Frauen holte sich die Top-Favoritin und Europas Jahresbeste Libiana Grenot aus Italien den Titel. Die gebürtige Kubanerin verwies in 51,10 Sekunden Olga Semljak aus der Ukraine (51,36 Sekunden) auf Platz zwei. Bronze gewann die Spanierin Indira Terrero (51,38) vor der zeitgleichen Weltmeisterin Christine Ohuruogu aus Großbritannien. Die deutsche Meisterin Esther Cremer war im Halbfinale gescheitert.
Über 400 Meter Hürden erkämpfte der Schweizer Kariem Hussein Gold und damit die erste Medaille für die Gastgeber. Der 25-Jährige gewann in 48,96 Sekunden vor dem Esten Rasmus Mägi (49,06 Sekunden). Bronze holte der Russe Denis Kudrjawzew in 49,16 Sekunden. Der deutsche Meister Felix Franz landete auf dem fünften Rang (49,83), Varg Königsmark wurde in 49,91 Sekunden Siebter.
Weltrekord im Gehen
Für einen Paukenschlag sorgte Titelverteidiger Yohann Diniz aus Frankreich im 50 Kilometer Gehen. Der 36-Jährige gewann mit der Weltrekordzeit von 3:32:33 Stunden erneut Gold. EM-Silber sicherte sich der Slowake Matej Tóth in 3:36:21 Stunden vor Iwan Noskow aus Russland, der nach 3:37:41Stunden ins Ziel kam. "Außerirdisch, was Diniz heute geleistet hat", sagte der deutsche Bundestrainer Ronald Weigel zur Ein-Mann-Show des Franzosen. Carl Dohmann, der einzige Deutsche im Feld, kam in persönlicher Bestzeit von 3:51:27 Stunden als 15. ins Ziel.
Der Pole Adam Kszczot sicherte sich den Titel über 800 Meter. Der Europameisterschafts-Dritte von 2010 lief in starken 1:44,15 Minuten einen ungefährdeten Sieg vor seinem Landsmann Artur Kuciapski (1:44,89 Minuten) und dem Iren Mark English (1:45,03) heraus. Den 36 Jahren alten Meisterschafts-Rekord von DDR-Läufer Olaf Beyer (1:43,84) verpasst Kszczot nur knapp. Top-Favorit Pierre-Ambroise Bosse aus Frankreich erlebte hingegen ein Debakel. Der 22-Jährige legte auf den ersten 600 Metern ein viel zu hohes Tempo vor, brach völlig ein und wurde in 1:46,55 Minuten Achter und damit Letzter. Der deutsche Meister Dennis Krüger hatte als Sechster in seinem Halbfinale den Endlauf klar verpasst.
Über 1500 Meter wurde die deutsche Vizemeisterin Diana Sujew Achte. Die in Riga geborene 23-Jährige lief nach einem couragierten Rennen in 4:08,63 Minuten durchs Ziel. Erstmals Europameisterin wurde nach einem packenden Duell der beiden Topfavoritinnen auf der letzten Runde Sifan Hassan aus den Niederlanden (4:04,18 Minuten) vor Abeba Aregawi aus Schweden (4:05,08). Beide Läuferinnen sind in Äthiopien geboren. Bronze holte die Britin Laura Weightman (4:06,32).