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Schabas: "Kritik aus Israel war vorhersehbar"

Michael Knigge / Pab26. August 2014

Die Untersuchungen werden vorangehen, selbst wenn man das Kampfgebiet nicht betreten dürfe, sagt der Vorsitzende der UN-Kommission zum Gazakonflikt, William Schabas. Israel kritisierte die Zusammensetzung der Kommission.

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Eine UN-Schule im Gaza-Streifen wird von Israelis gezielt beschossen (Foto: EPA/STRINGER)
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Glauben Sie, dass Sie Ihre Mission bald starten können - vor dem Hintergrund der verschärften israelischen Luftangriffe auf Gaza in den letzten Tagen und der Hinweise israelischer Politiker auf eine mögliche Bodenoffensive?

William Schabas: Wir werden auch Dokumente, Statements und Berichte analysieren - das können wir, ohne tatsächlich das Kampfgebiet betreten zu müssen. Vielmehr ist es bisher noch nicht klar, ob es uns überhaupt möglich sein wird, Zugang zu diesem Gebiet zu haben. Wir müssen die Erlaubnis von Israel und Ägypten bekommen, die die Grenzen zu Gaza kontrollieren. Sogar wenn sich die militärische Lage beruhigen sollte und wir dort eine gesicherte Untersuchung durchführen könnten, brauchen wir diese Genehmigung. Eine unserer Optionen ist, Menschen aus der Region vielleicht in Kairo oder Amman zu treffen. Das wird nicht das erst Mal sein, dass eine UN-Kommission dieser Art keinen Zugang zu dem Gebiet hat, das untersucht wird.

Das Ziel Ihrer Untersuchung ist, mögliche Verletzungen der Menschenrechte in Gaza seit dem Beginn der militärischen Operationen zu ermitteln, die Verantwortlichen zu identifizieren und Empfehlungen auszusprechen, wie diese zur Rechenschaft gezogen werden können. Gibt es Ihrer Einschätzung nach bisher irgendeinen Grund zu glauben, dass eine Verletzung der Menschenrechte verübt worden ist - und wenn ja, durch wen?

Nein, ich kann eine derartige Frage nicht beantworten. Ich muss mich zuerst mit den anderen Kommissaren treffen und dann werden wir das entscheiden. Wir sollen bis März 2015 einen Bericht für den UN-Menschenrechtsrat herausbringen. Ich kann nicht ausschließen, dass wir vielleicht einige Zwischenberichte oder Zwischenergebnisse veröffentlichen werden. Aber bis jetzt ist noch nichts entschieden. Es wäre für mich unangebracht, darüber zu spekulieren, was die Antwort sein könnte.

William Schabas Vorsitzender der UN Gaza Kommission (Foto: Simon O’Connor)
Schabas: "Sicherstellen, dass die Kommission unparteiisch ist"Bild: Simon O’Connor

Der Außenminister Ihres Heimatlandes Kanada, John Baird, hat Ihre Ernennung zum Vorsitzenden der UN-Kommission zum Gazakonflikt kritisiert und gesagt, die Untersuchung würde nicht dazu beitragen, "Frieden und Würde für die Paläsinenser in Gaza" herzustellen. Israel hatte Sie als voreingenommen kritisiert. Glauben Sie, dass Sie Ihre Mission erfolgreich durchführen können - trotz dieser Widerstände?

Natürlich, ich mache mir darüber keine Sorgen. Fakt ist doch, dass die Reaktion beider Länder völlig vorhersehbar war. Wir wissen, dass dieser Einspruch noch vor der Bildung der Kommission veröffentlicht wurde. Aber trotzdem wurde die Resolution vom UN-Menschenrechtsrat angenommen und eine erhebliche Mehrheit stand hinter dem Projekt. Das ist eine sehr wichtige Arbeit, die getan werden muss und es gibt dafür viel Unterstützung innerhalb der Vereinten Nationen. Aber natürlich gibt es weltweit politische Akteure, die es beängstigend finden, dass die Verantwortlichen für Verletzung des internationalen Rechts zur Rechenschaft gezogen werden sollen.

Kritiker, die Ihnen eine anti-israelische Haltung vorwerfen, zitieren Ihr Statement, dass Sie gerne ein Gerichtsverfahren gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vor dem Internationalen Strafgerichtshof sehen würden. Sie entgegneten darauf, dass auch viele Israelis sehr kritisch gegenüber ihrer Regierung seien. Das stimmt zum Teil, aber ist es für Sie in Ihrer speziellen Verantwortung nicht ein Problem? Schadet das kleinste Anzeichen dafür, dass Sie als Ermittler vielleicht voreingenommen sind und dass Ihre Haltung die Untersuchung beeinflussen würde, nicht der Glaubwürdigkeit der UN-Kommission?

Ich habe nicht vor, die Untersuchungen zu beeinflussen. Jeder sollte die Tatsache respektieren, dass wir unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass die Kommission unabhängig und unparteiisch ist. Ich habe es sehr deutlich gemacht, dass ich meine Ansichten hinter mir gelassen habe, nachdem ich diesen Posten angenommen habe. Ich will nicht wie früher dazu überredet werden, über die gesamten Hintergründe des Nahost-Konflikts zu diskutieren. Es ist nicht möglich, Menschen zu finden, die zu diesem Thema keine Meinung haben. Wenn man Leute ausschließt, die eine Meinung haben oder sie äußern, hilft das nicht gerade dabei, eine geeignete Kommission einzurichten.

Der kanadische Jurist William Schabas leitet die Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zum Gazakonflikt. Diese soll mögliche Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das Völkerrecht im Gaza-Krieg untersuchen. Er ist Professor für internationales Recht an der Middlesex-Universität in London und für internationales Strafrecht und Völkerrecht an der Universität Leiden in den Niederlanden.