Schwarz-Schilling wird der mächtigste Mann in Bosnien
31. Januar 2006Sein Name ist Christian Schwarz-Schilling, sein Auftrag Dauerfrieden in Bosnien und Herzegowina. Nicht die jüngste, aber dafür die beste Wahl, sagen die Menschen in Bosnien, egal ob Serben, Kroaten oder Bosniaken - dabei sind die verschiedenen Bevölkerungsgruppen äußerst selten einer Meinung. Auch sein Vorgänger, der Brite Paddy Ashdown, erklärte am Dienstag (31.1.2006) bei der Übergabezeremonie in Sarajevo, Schwarz-Schilling sei der beste Mann für dieses Amt, denn er kenne und liebe das Land.
Prioritäten
Ab Mittwoch ist der 75-jährige Schwarz-Schilling der mächtigste Mann in Bosnien. Er übernimmt von Paddy Ashdown das Kommando über eine 500 Mann starke internationale Behörde namens Office of High Representative (OHR). Seine Funktion entspricht in etwa dem Status eines Gouverneurs in den USA.
Der CDU-Politiker mit 10-jähriger Erfahrung als Streitschlichter in Bosnien setzt Prioritäten: "Erste Priorität ist, die Wirtschaft so gut wie möglich in Gang zu setzen. Zweite Priorität sind die Behörden, die Gerichte und die Parlamente so zu normalisieren, dass Bosnien und Herzegowina ein normaler Staat wird und die Menschen Bürgerrechte haben. Und die dritte Priorität ist, dass die Straße nach Europa freigeschaufelt wird, sowohl in Brüssel wie in Bosnien."
Überzeugungsarbeit
Als fünfter Hoher Repräsentant möchte Christian Schwarz-Schilling das Land von der Bevormundung der internationalen Gemeinschaft befreien. Das bedeutet nichts anderes als das, was er bereits als Postminister mit dem deutschen Postministerium gemacht hat. Er möchte sein Amt, also sich selbst und die zuständige Behörde, das OHR, überflüssig machen. Dabei setzt Schwarz-Schilling, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Ashdown, nicht auf die Absetzung ungehorsamer Politiker, sondern auf Überzeugungsarbeit.
Der neue Hohe Repräsentant will nicht als Besatzer gesehen werden, sondern die Menschen und Politiker der Region bei der Erreichung ihrer Ziele beratend unterstüzen und ihnen notfalls Vorschläge machen. Erst wenn diese mißachtet würden, müsse das OHR von seinen Vollmachten Gebrauch machen und sich zur Erreichung der Ziele der internationalen Gemeinschaft einsetzen, so Schwarz-Schilling.
Kriegsverbrecher
Eines der Ziele, das in den letzten zehn Jahren nicht erreicht wurde, ist die Verhaftung der beiden hauptangeklagten Kriegsverbrecher Radovan Karadzic und Ratko Mladic. Für Christian Schwarz-Schilling trägt dafür die internationale Gemeinschaft die Hauptschuld: "Das ist eine Schande und ein Skandal, wobei ich den Bosniern nicht die Hauptschuld gebe." Der CDU-Politiker will die Fahndung nach den Kriegsverbrechern gemeinsam mit den Alliierten-Truppen, der internationalen Gemeinschaft und den Geheimdiensten verstärken. Für Schwarz-Schilling ist die Stellung der Hauptverbrecher eine Vorbedingung, um sich auch mit den kleineren Verbrechern gerecht auseinandersetzen zu können.
Staatsstrukturen
Die Auslieferung von Hauptkriegsverbrechern ist eine Bedingung für den Weg Bosniens nach Europa. Die zweite ist die Stärkung der Staatsstrukturen. Darüber wird im Rahmen der Änderungen der Dayton-Verfassung verhandelt. Eine der strittigsten Fragen war, ist und bleibt die Auflösung der zwei Entitäten (der Föderation und der Republik Srpska), die als Folge der ethnischen Trennung entstanden sind. Bosniaken sind dafür, Serben dagegen, während die Kroaten die dritte, kroatische Entität wollen. Schwarz-Schilling setzt auf eine diplomatische Lösung. Das Ziel sei, dass die Entitäten keine Blockade für den Staat Bosnien sein dürfen. Sollte sich dies jedoch herausstellen, müsse gehandelt werden, so Schwarz-Schilling.
Vieles muss in Bosnien und Herzegowina geändert werden. Die neue deutsche Regierung ist bereit, Verantwortung für diese Region mitzuübernehmen. Das weiss Christian Schwarz Schilling zu schätzen. Er ist froh, dass mit Angela Merkel ein Zeichen gesetzt worden sei, dass Deutschland sowohl militärisch als auch politisch Verantwortung übernehme. Man könnne nicht das eine machen und das andere nicht wollen. "Ích glaube, als größtes Land in Mitteleuropa mit Grenzen nach Südosteuropa, ist es unser allerhöchstes Interesse, dass aus dieser Krisenregion eine stabile Region wird, die mit uns gemeinsam in Frieden lebt."