Schwere Zeiten für den Wahlsieger
23. Oktober 2015Die Entscheidung dürfte Anibal Cavaco Silva nicht leicht gefallen sein. Da es keinen deutlichen Wahlsieger gab, entschied sich Portugals Staatspräsident am Donnerstagabend dafür, den Mann mit den meisten Wählerstimmen mit der Regierungsbildung zu beauftragen - Pedro Passos Coelho. Dessen konservatives Bündnis "Portugal à frente" (Portugal voran) war bei den Parlamentswahlen vor zweieinhalb Wochen mit 38,6 Prozent der Stimmen stärkste Kraft, die Sozialisten (PS) erreichten 32,3 Prozent.
Der Abstand zwischen beiden Parteien ist jedoch nicht aussagekräftig, denn Passos Coelho kommt mit seinem Bündnis im Parlament auf nur 107 der insgesamt 230 Sitze. Es reicht nicht für die absolute Mehrheit. Die PS wiederum erklärte, mit anderen linken und ultralinken Parteien eine Regierungskoalition bilden zu können. Sollte es den Linken tatsächlich gelingen, ihre langjährigen Differenzen zu überwinden, könnten sie eine Minderheitsregierung unter Passos Coelho stürzen.
Dabei hätte alles so einfach sein können. "Portugal à frente" und die Sozialisten verhandelten tagelang über die Bildung einer großen Koalition, doch Passos Coelho fehlte nach eigenem Bekunden die letzte Gewissheit, dass die Sozialisten tatsächlich zu einem Regierungsbündnis bereit sind. Das Scheitern der Verhandlungen wurde von Staatspräsident Cavaco Silva stark kritisiert.
Nun wurde Passos Coelho erneut zum Ministerpräsidenten ernannt. Binnen zehn Tagen muss er ein Regierungsprogramm vorlegen. Sollte dieses Programm von den Abgeordneten abgelehnt werden, bleibt seiner Regierung nur noch der Rücktritt.
Passos Coelho war es seit seinem Amtsantritt 2011 gelungen, durch einen harten Spar- und Reformkurs die Staatsfinanzen soweit zu sanieren, dass Portugal das internationale Rettungsprogramm verlassen konnte. Das Land ist auf dem Weg der wirtschaftlichen Erholung, doch die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor hoch.
djo/mak (afp, dpa)