Schärfere Regeln für Geodienste ab Herbst
18. August 2010Schon seit Tagen wogt der Streit über eine strengere Regulierung des Straßenfotodienstes Street View des Internet-Konzerns Google hin und her. Am Mittwoch (18.08.2010) befasste sich das Bundeskabinett mit einer Initiative des Bundesrates, der sich für eine gesetzliche Pflicht zur Anonymisierung von Menschen und Autokennzeichen bei systematischen Foto- und Filmaufnahmen stark macht. Aus Regierungskreisen verlautete, die Ministerrunde habe den Vorschlag der Länderkammer abgelehnt und votiere für eine breitere Regelung, um personenbezogene Daten bei Aufnahmen im Internet besser zu schützen.
Am 20. September ist dazu ein Spitzengespräch der Regierung mit Vertretern von Politik, Datenschutz, Wirtschaft und Google geplant. Noch im Herbst will die Regierung weitere Maßnahmen zur Rechtssicherheit im Internet einleiten. Der Internetkonzern Google plant Panorama-Aufnahmen von Häusern und Straßen aus zunächst 20 deutschen Städten. In einigen anderen Ländern wie Frankreich, Großbritannien und der Schweiz ist der Dienst schon online.
Aigner fordert besseren Verbraucherschutz
Schon im Vorfeld hatte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner Eckpunkte für eine Reform des Bundesdatenschutzgesetzes bis zum Herbst im Aussicht gestellt. Die schwarz-gelbe Koalition sei sich einig, "dass wir das Datenschutzgesetz an das Internet-Zeitalter anpassen und dem Verbraucherschutz im Netz dabei mehr Geltung verschaffen müssen", sagte Aigner der "Passauer Neuen Presse" vom Mittwoch.
Zum Gesetzentwurf des Bundesrats sagte die CSU-Ministerin, er sei "zu sehr auf Street View fokussiert" und werde daher "der Komplexität des Themas nicht gerecht". Sorgfalt gehe vor Schnelligkeit. Bei der Reform des Datenschutzgesetzes gehörten aus ihrer Sicht alle Fragen rund um Geodienste und der Schutz personenbezogener Daten auf den Prüfstand. Vor allem die Verknüpfung von Daten sei "hoch problematisch". Es gebe längst Internet-Anbieter, die Telefonbuchdaten mit Luftbildern von Wohngebieten verbinden. Unter Geodiensten versteht man vernetzbare, raumbezogene Internetdienste, die geographische Daten in anschaulicher Form zugänglich machen.
Aigner bezeichnete zugleich die anhaltende Kritik am angeblich zu laxen Umgang mit Google Street View für unberechtigt. Im Ersten Deutschen Fernsehen (ARD) verwies sie auf die Möglichkeiten zum Widerspruch, die der US-Konzern so umfangreich nur in Deutschland gewähre. Widersprechen könnten Bürger nicht nur innerhalb von vier Wochen, sondern darüber hinaus.
Justizministerin drückt auf's Tempo
Dagegen mahnte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in der "Süddeutschen Zeitung", die Reform des Datenschutzgesetzes dürfe "nicht auf die lange Bank geschoben werden". Es sei Sache von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, einen konkreten Gesetzesvorschlag zu formulieren, forderte die FDP-Politikerin.
Der Minister hatte am Dienstag angekündigt, möglichst noch im Herbst einen Gesetzentwurf zum Datenschutz bei Geoinformationsdiensten vorzulegen. In diesem Zusammenhang sagte de Maizière, er halte Google Earth, bei dem Satellitenfotos Häuser und Grundstücke von oben zeigen, für teilweise problematischer als die bloßen Häuser-Ansichten von der Straße aus. Inzwischen regte der CDU-Politiker an, die Zuständigkeit für den Datenschutz bei in Deutschland tätigen internationalen Unternehmen an den Bund zu übertragen. Derzeit ist dafür das Bundesland verantwortlich, in dem die Firma ihren Sitz hat. Zuständig für Google ist Hamburg.
Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf der Regierung derweil Untätigkeit vor. Die Politik müsse dafür Sorge tragen, dass Dienste wie Google Street View grundsätzlich ausreichend Widerspruchs- und Widerrufsmöglichkeiten böten.
Autor: Reinhard Kleber (dpa, afp, apn, epd)
Redaktion: Christian Walz