Schäuble wirbt für Fiskalpakt und dauerhaften Rettungsschirm
29. März 2012Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bat im Bundestag um Zustimmung für den Fiskalpakt, dem die Bundesrepublik nur mit Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat beitreten kann. "Mit den Gesetzentwürfen zur Schaffung einer Fiskalunion und eines dauerhaften Stabilitätsmechanismus schaffen wir einen weiteren wichtigen Baustein zur Überwindung der Vertrauenskrise der Finanzmärkte", sagte der CDU-Politiker am anlässlich der ersten Lesung zum Fiskalpakt und dem dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM.
Zugleich kritisierte er die immer höheren Geldforderungen zum Schutz des Euro. Entscheidend für die Stabilisierung der gemeinsamen Währung sei es, die Ursachen der Krise wie zu hohe Verschuldung und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit zu beseitigen, sagte Schäuble, der eine weitere Aufstockung der beiden Rettungsschirme EFSF und ESM über die nun vorgesehenen 700 Milliarden Euro hinaus ablehnt. Es nütze nichts, die Brandschutzmauer immer wieder zu erhöhen, sagte der Finanzminister.
Paris will Euro-Schutzschirm über eine Billion Euro
Andere Töne waren jedoch aus Paris zu hören. Frankreichs Finanzminister François Baroin forderte im französischen Fernsehen einen Schutzschirm in Höhe von etwa einer Billion Euro. Diese Position werde er beim Euro-Finanzministertreffen am Freitag in Kopenhagen vertreten. "Der Schutzschirm ist ein bisschen so wie die Atomwaffe im militärischen Bereich", sagte Baroin. "Er ist dafür gemacht, nicht eingesetzt zu werden, das ist Abschreckung." Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatte am Dienstag eine Billion Euro gefordert und von der "Mutter aller Brandmauern" gesprochen.
Schäuble zieht positive Bilanz im Kampf gegen Schuldenkrise
In der Bundestagsdebatte zog Schäuble eine positive Zwischenbilanz des Kampfes gegen die Schuldenkrise in der Euro-Zone. Die Reformprogramme in Portugal und Irland funktionierten und in Griechenland gebe es inzwischen Fortschritte. Auch Italien und Spanien hätten wichtige Schritte gemacht, um ihre Defizite zu reduzieren und wettbewerbsfähiger zu werden, sagte der CDU-Politiker.
Auch der Koalitionspartner FDP warb für Fiskalpakt und ESM. Europa brauche eine stabilitätsorientierte Politik, sagte Fraktionschef Rainer Brüderle. Außenminister Guido Westerwelle wertete den Fiskalpakt als nötiges Instrument für mehr Wachstum. "Wachstum kann man nicht mit Schulden kaufen, Wachstum gibt es nur durch Strukturreformen", sagte er.
Opposition fordert konkrete Wachstumsimpulse
Die Opposition warf der Regierung bewusste Täuschung vor. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und sein Grünen-Kollege Jürgen Trittin kritisierten, die Bundesregierung arbeite bei der Bekämpfung der Krise ständig mit Halbwahrheiten und streue den Bürgern Sand in die Augen. Haushaltsdisziplin alleine führe nicht aus der Krise, es sei auch ein Anstoß für Wachstum und Investitionen nötig. "Wir wollen ein Europa, das neues Wachstum schafft", sagte Steinmeier.
Die Grünen wollen die von Union und FDP als Paket gedachten Themen ESM und Fiskalpakt entkoppeln. SPD und Grüne drängen zudem auf europäische Wachstumsimpulse und die Einführung einer Finanzmarktsteuer in Europa. Schäuble versicherte, "alles" für eine Einigung auf eine Besteuerung der Finanzmärkte zu tun.
Die von der Opposition geforderte Finanzmarktsteuer sei aber wohl weder in der EU noch in der Eurozone durchzusetzen. Denkbar sei aber eine andere Form der Besteuerung. Die Linken lehnen den Fiskalpakt nach den Worten von Fraktionschef Gregor Gysi auch wegen verfassungsrechtlicher Bedenken ab.
Abstimmung soll noch vor der Sommerpause stattfinden
Bei der Verabschiedung des Fiskalpakts für mehr Finanzstabilität in Europa ist eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig ist, weswegen die Regierung auf die Stimmen der Opposition angewiesen ist. Das Bundeskabinett strebt an, noch vor der Sommerpause über den Pakt sowie den ESM parallel abstimmen zu lassen. Der ESM soll ein Ausleihvolumen von 500 Milliarden Euro haben. Nach den Plänen der Regierung aber vorübergehend parallel mit dem vorläufigen Rettungsschirm EFSF betrieben werden. Damit würde das Gesamtvolumen zeitweise auf maximal rund 750 Milliarden Euro ausgeweitet werden.
GD/sti (dpa, dapd, afp, rtr)