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Politik

Seenotretter unterschreiben nicht

31. Juli 2017

Ein Verhaltenskodex soll Rettungsaktionen auf dem Mittelmeer besser regeln. Doch die meisten Hilfsorganisationen fühlen sich dadurch kriminalisiert. Auch, weil bewaffnete Polizisten auf den Booten mitfahren sollen.

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Medecins Sans Frontieres  Europa Seenotrettung
Bild: picture-alliance/AP Photo/B.Janssen

Die Einsätze privater Helfer im Mittelmeer sind zuletzt immer mehr in die Kritik geraten. Den Organisationen wird unter anderem vorgeworfen, zu nahe an der libyschen Küste zu operieren und mit Schleppern Hand in Hand zu arbeiten. Vor allem für den zweiten Vorwurf gab es nie einen Beweis. Trotzdem drängt Italien unter anderem auf eine verpflichtende Polizeipräsenz an Bord der Rettungsschiffe. In einem "Verhaltenskodex für private Seenotretter" geht es außerdem um die Offenlegung der Finanzierung und strengere Regeln für die Bergungsoperationen. So sollten beispielsweise Transfers von kleineren Rettungsbooten auf größere erschwert werden.

Doch die italienische Regierung hat keine allgemeine Zustimmung bei den Hilfsorganisationen gefunden. Trotz Nachbesserungen verweigerte "Ärzte ohne Grenzen" in Rom die Unterschrift unter das Dokument. Auch "Jugend Rettet" stimmte dem Entwurf nicht zu. Als einzige Organisation übernahm "Save the Children" die Selbstverpflichtung. Andere Teilnehmer waren gar nicht erst zu dem Termin beim Innenminister in Rom erschienen.

Seit vergangener Woche verhandeln die NGOs über das Dokument. Italien ist von dem Flüchtlingszustrom besonders betroffen. Am Montag war die Frist für die Unterzeichnung abgelaufen. "Aufgrund unserer Prinzipien konnten wir nicht unterschreiben", sagte Titus Molkenbur von "Jugend Rettet". Wie es jetzt weitergehe, sei unklar. "Wir werden aber weiter retten und uns auf das Seerecht beziehen."

Rettungschiff für Flüchtlinge in Emden
Titus Molkenbur (Mitte) vom Verein "Jugend Rettet"Bild: picture alliance/dpa/H.C. Wöste

Der Generaldirektor von "Ärzte ohne Grenzen" Italien, Gabriele Eminente, sagte im italienischen Fernsehen, man habe der italienischen Regierung nichtsdestoweniger die Einhaltung aller Punkte bis auf drei zugesichert. Die Hauptkritik von Eminente lautete, Such- und Rettungsoperationen sowie das Prinzip der humanitären Hilfe hätten in dem Dokument nicht den nötigen Stellenwert. Als unvereinbar mit der Arbeit von "Ärzte ohne Grenzen" generell nannte er die Präsenz bewaffneter Polizeikräfte an Bord. Der dritte Vorbehalt betraf den Umstieg von geborgenen Migranten auf andere Schiffe.

Im Übrigen gebe es eine "exzellente Zusammenarbeit" mit italienischen Behörden seit Beginn der Hilfseinsätze, sagte Eminente weiter. "Schon jetzt operieren wir in voller Übereinstimmung mit den Regeln", begründete er den Verzicht auf die Unterzeichnung.

Das gleiche Argument führte umgekehrt "Save the Children" Italien für seine Zustimmung an. Von Beginn der Rettungsfahrten 2016 an entspreche die eigene Hilfstätigkeit "größtenteils den Vorgaben" des Verhaltenskodex, teilte Generaldirektor Valerio Neri mit. Die Entscheidung für die Unterschrift sei nach einer "internen Bewertung" erfolgt. Man wolle damit einzig und allein "die Fortsetzung der Rettungsoperationen in Transparenz und in einem wiederhergestellten Klima von Vertrauen und Zusammenarbeit sicherstellen".

In diesem Jahr starben bereits rund 2400 Migranten im Mittelmeer.

rb/uh (dpa, kna)