Seid umschlungen, Konsumenten
10. März 2005Das waren noch Zeiten, als die Computerbranche glaubte, sich auf der CeBIT auf die Kollegen aus der Branche konzentrieren und die lästigen Privatbesucher auf eine eigens dafür gegründete "CeBIT home" abschieben zu können, auf der die privaten Konsumenten mit ihren vermeintlich ebenso privaten Interessen bedient werden sollten. Die "home" gibt es nun schon seit fünf Jahren nicht mehr und heute käme niemand auf den Gedanken, die Welt des PCs in Bereiche wie "Geschäft" oder "Heim" zu unterteilen.
Mehr Möglichkeiten von Stunde zu Stunde
Im Gegenteil: Die PC-Welten wachsen immer enger zusammen. Und was wäre die Branche ohne den privaten User? Es kommt nicht überraschend, aber die CeBIT 2005 macht den Trend mehr als deutlich: Der Computer ist längst fester Bestandteil auch des privaten Alltags, und er wird es immer mehr: Zum mobilen Telefonieren benützen wir Mini-Computer, das Bargeld ziehen wir am Bank-Computer, unsere Autos sähen ganz schön schlicht aus ohne all ihre Computer-Elektronik, und die Urlaubsfotos werden digital mit Camera-Computern aufgenommen und auf CDs gebrannt statt ins Album geklebt. Um nur einige Beispiele zu nennen, denn die Zahl der Einsatzmöglichkeiten von Computern auch im privaten Bereich wächst natürlich förmlich von Stunde zu Stunde.
Wissen sie, was sie tun?
Der Computer ist längst nicht mehr nur ein Hilfsinstrument zur Rationalisierung von Arbeit und Produktion, vor dem der einfache Bürger ehrfurchtsvoll erstarrt, weil er nichts davon versteht. Der Computer hat längst die Mauer von Misstrauen und Argwohn beim Bürger überwunden: Wenn Käufer in den Cash-and-Carry-Märkten für Computer-Schnäppchen Schlange stehen, dann wissen sie, was sie da an Technologie einkaufen: Es sind dies für die meisten Hilfsmittel beim Aufnehmen und Brennen von Filmen, Fotos oder Musik. Der eine oder andere will vielleicht tatsächlich auch noch Buchführung und Steuererklärungen damit erledigen, und manche sollen sogar wieder Briefe damit schreiben: Neue oder alte oder Rechtschreibung überhaupt? Kein Problem. Der Computer wird es schon richten. Pisa lässt grüßen.
Dur und Moll - Pop und Klassik
Nun muss der Konsument aber auch Schritt halten mit der Entwicklung. Oder die Branche mit den Wünschen und Bedürfnissen des Konsumenten - die sie zuvor geweckt hat. Wie sonst wäre es seit Jahren ein Riesengeschäft, den Menschen Klingeltöne jeder Art für ihre Mobiltelefone zu verhökern? Nachdem es nun schon in Dur und in Moll, in Pop und Klassik überall klingelt, braucht die Industrie neue so genannte Killerapplikationen. Das sind Anwendungen, die ein normaler Mensch sich heute kaum vorstellen kann, ohne die er morgen oder übermorgen aber nicht mehr wird leben wollen.
"Killerapplikationen" sind auf der CeBIT 2005 noch nicht zu erkennen. Aber es gibt Hinweise, wo sie wohl auftreten werden: So wächst der gesamte Bereich von Multimedia immer enger zusammen, und es wird nicht mehr lange dauern, bis man zu Hause Musik, Video, Fotos, Filme und Internet zentral gesteuert, je nach Bedarf, in die verschiedenen Zimmer lenken kann. Und derselbe Computer, der dies tut, kontrolliert auch noch ganz nebenbei die Heizung, die Alarmanlage oder auch die Telefonanlage. Auf dem Weg dorthin wird es sicher eine Menge Fehlentwicklungen geben und auch Flops. Aber es ist - denken wir an die Klingeltöne - oft auch wirklich nicht vorhersehbar, was zum Erfolg wird und was nicht.
So auch jetzt: Wird es der Festplatten-Videorecorder sein, der die Werbung unterdrückt, wird es das UMTS-Handy sein, auf dem man sich Filme ansehen kann, oder ist es der PC fürs Auto? Eine klare Antwort wird nur die Zukunft geben können. Die CeBIT 2005 aber lässt einen ahnen, welche Chancen und Möglichkeiten auf diesem Bereich verborgen sind. Auch ohne offensichtliche "Killerapplikationen": Der Weg in eine Technologie-Zukunft auch im privaten Bereich hat längst begonnen und er wird weiterhin faszinierend sein.