Siedler trauern um getötete Schüler
3. Juli 2014In der Religionsschule Shavei Hebron trauern alle um den 19-jährigen Eyal Yifrach. Er ist einer der drei israelischen Jugendlichen, die am Montag (30.06.2014) tot aufgefunden wurden. Bis vor kurzem besuchte er noch die Jeschiwa. Neben der Schule leben fast 800 jüdische Siedler unter 250.000 palästinensischen Einwohnern. Dieses Gebiet stand tagelang im Mittelpunkt der Suchaktionen nach den vermissten Jugendlichen.
Der 20-jährige Michael Zivan ist einer der 350 Schüler der Jeschiwa und wohnte im selben Zimmer wie Eyal. Die Nachricht über dessen Tod hat ihn stark getroffen. Den Freund beschreibt er im Gespräch mit der DW als Bruder und starke Führungspersönlichkeit. "Das ist alles noch sehr frisch - wir hatten gehofft, dass Eyal doch noch zurückkommen würde. Auch wenn er körperlich nicht zurückkehrt, bleibt seine Seele in der Jeschiwa. Es mag wie ein jüdischer Verlust aussehen, es ist aber ein Verlust für alle", meint Zivan.
Wut und Trauer
Die Religionsschüler werden in dieser schweren Zeit sowohl von älteren Kollegen als auch von ehemaligen Schülern beraten. "Nicht nur seine Mitbewohner und die Schule werden ihn vermissen. Die Terroristen haben jemanden in den Tod gerissen, den die ganze Welt vermissen wird", sagt Zivan.
Überall in der Jeschiwa gibt es noch Spuren von Eyal: Sein Arbeitsbuch liegt ordentlich auf dem Tisch, an dem er in der Schule saß, sein Bett ist noch an dem Ort, wo er im gemeinsamen Männer-Quartier geschlafen hat, und seine Zahnbürste ist noch im Badezimmer.
Bei der Führung durch die Jeschiwa hält der Rabbiner und Lehrer Misha El Rubin sein iPhone hoch und zeigt den Journalisten eine Facebook-Seite: "Dieses Profil gehört einem Palästinenser namens Morad Abuisha, der an der Technischen Hochschule in Haifa studiert." In seiner Statusmeldung habe er nach dem Tod der drei israelischen Jugendlichen geschrieben: "Palästina hat drei Tore geschossen, ohne bei der Fußball-Weltmeisterschaft dabei zu sein". Das sei ein Beispiel dafür, wie Terrorismus unterstützt werde, beklagt Rubin.
"Als die Todesnachricht die Religionsschule erreichte, haben die Jungen vor allem gebetet. Ihre Gebete sind nicht vergeblich. Dieser Ort ist dafür da, um weiter zu wachsen und uns zu besseren jüdischen Menschen zu entwickeln." Alle Mitarbeiter seien sehr betroffen. "Auf der einen Seite fühlen wir den Schmerz, auf der anderen versuchen wir jedoch, aus dem Schmerz zu lernen, um uns weiterzuentwickeln und stärker zu werden", meint er.
Die Familien der Verstorbenen hätten den Menschen in Israel ein starkes Gefühl der Gemeinschaft vermittelt, so der Rabbiner:" Wir hoffen, dass die Stärke, die wir in den letzten Tagen entwickelt haben, auch der Regierung die Kraft gibt, sich den Herausforderungen zu stellen."
Harte Reaktionen
David Wilder, Sprecher der jüdischen Siedler in Hebron, ruft Israel dazu auf, "das Böse auszurotten". Damit meint er "den Terror und alle, die etwas damit zu tun haben." Dazu zählt er auch den Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas, "der ein Bündnis mit der Hamas geschlossen hat. Menschen, die mit Terroristen zusammenarbeiten, sind Terroristen. Ihre Ziele sind dieselben."
Wilder ist unter den Siedlern für seine Offenheit bekannt: "Dieses Land gehört uns, das ist gar keine Frage. Wir Juden sind hier die einheimische Bevölkerung und werden alles tun, um die israelische Regierung dazu zu bringen, die notwendigen Schritte zu unternehmen", so Wilder. "Das muss unsere Antwort sein, denn diese Terroristen wollen uns aus ganz Israel vertreiben".
An der Gush-Etzion-Kreuzung, wo die drei Jugendlichen zum letzten Mal gesehen wurden, laufen rund um die Uhr Medienübertragungen. An einer Bushaltestelle direkt gegenüber warten Siedler auf Busse oder Mitfahrgelegenheiten. Wilder erzählt, dass alle Mitglieder der Siedlergemeinschaft per Anhalter fahren und dies nicht aufgeben werden, selbst wenn es die Jugend in Gefahr bringt.
"Wenn das der Welt nicht gefällt, dann ist das ihr Problem. Wir werden unser Leben nicht wegen der Terroristen ändern", so Wilders. Er habe nichts dagegen, wenn Eltern ihren Kindern das Trampen nicht erlauben und ihnen stattdessen Geld für einen Bus geben - doch das solle nicht wegen der Terroristen geschehen.
Wilder bestreitet dagegen, dass das normale Leben der Palästinenser in Hebron durch die groß angelegten Hausdurchsuchungen der israelischen Armee gestört worden sei: "Wir haben sie herumlaufen sehen. Die Rufe zum Gebet waren weiterhin fünf Mal am Tag zu hören".
Die Palästinenser sollten sich lieber an ihre eigenen Leute wenden und sie von Gewalt abhalten, meint der Siedler: "Wenn wir immer wieder angegriffen werden, dann muss der israelische Staat alles tun, um sein Volk zu beschützen."