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Sogar Begrüßungsblumen für Präsidentengattin gefilzt

Bernd Riegert, zurzeit Wien21. Juni 2006

US-Präsident Bush ist bei der EU-Ratspräsidentschaft in Wien zu Gast - zum alljährlichen bilateralen Gipfel. Die Wiener sind über den Besuch aber nicht erfreut. Sie ärgern sich über die Sicherheitsvorkehrungen.

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Am Hotel Intercontinental in Wien ist kein Durchkommen mehrBild: AP

Der Sicherheitsdienst von George W. Bush, der Secret Service, hat das Regiment in Wien übernommen. Großräumig ist die Innenstadt abgesperrt. Wo sonst Touristen Souvenirs kaufen, mit der Pferdekutsche fahren und die Spuren Mozarts suchen, herrscht gähnende Leere. Hunderte Geschäfte und Restaurants in der Nachbarschaft der Wiener Hofburg mussten schließen. Aufgebrachte Ladenbesitzer fragen nun, wer den Umsatz-Ausfall bezahlt.

EU USA Gipfel in Wien Bush bei Heinz Fischer
Bush und Condoleezza Rice mit Außenministerin Ursula Plassnik (links) und Präsident Heinz FischerBild: AP

Die Präsidenten-Gattin Laura Bush besuchte den Stephansdom und eine Mozart-Ausstellung, dafür mussten Kathedrale und Museum stundenlang gesperrt werden. Sogar der üppige Blumenstrauß, den Bundeskanzler Wolfgang Schüssel Frau Bush an der Gangway des Präsidenten-Jets bei der Ankunft überreichte, wurde zuvor von einem Spezialkommando der Polizei zerlegt und untersucht.

Demonstration mit Cindy Sheehan

Am Dienstag (20.6.06) sorgten vier Bombenattrappen für Aufregung, von denen drei vorsorglich gesprengt wurden. Nach Angaben der Polizei, die mit 3000 Mann im Einsatz ist, gab es aber keinen terroristischen Hintergrund. Vielmehr waren die verdächtigen Koffer, aus denen Drähte ragten, wohl Teil der Proteste und Demonstrationen gegen George W. Bush und seine Irak-Politik, die am Mittwoch (21.6.) in eine Kundgebung mit 10.000 Teilnehmern münden sollen.

Auf Einladung der österreichischen Gewerkschaften spricht die amerikanische Soldatenmutter Cindy Sheehan auf verschiedenen Kundgebungen. Sheehans Sohn war im April 2004 im Irak gefallen. Sie hatte daraufhin wochenlang vor der Ranch des amerikanischen Präsidenten in Texas campiert. Die prominente Friedensaktivistin forderte in Wien die USA auf, ihre Truppen aus dem Irak abzuziehen. Auch in Europa müsse der Präsident mit der gescheiterten Irak-Politik konfrontiert werden, sagte Sheehan im Gespräch mit der Deutschen Welle: "Wir dürfen unsere Politiker nicht aus der Verantwortung entlassen."

Sheehan trifft mit ihrem Protest die Meinung eines großen Teils der Österreicher und der EU-Bürger. Nach einer britisch-amerikanischen Meinungsumfrage lehnt eine Mehrheit in der EU Bushs Irak-Politik ab.

Heikle Themen

Drei Jahre nach der Irak-Invasion sei das politische Verhältnis zwischen den EU-Staaten und den USA wieder gekittet, heißt es von EU-Diplomaten. Im Prinzip unterstütze man den amerikanischen Kurs, das Land zu befrieden.

US-Präsident Bush hat sich vorgenommen, die Europäer an ihre Hilfszusagen für Irak und auch Afghanistan zu erinnern. Für Irak seien 13 Milliarden Dollar auf Geberkonferenzen versprochen worden, aber nur 3,5 Milliarden seien tatsächlich überwiesen worden, kritisiert die US-Administration.

Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der zurzeit EU-Ratspräsident ist, will Bush auf das Gefangenenlager Guantanamo ansprechen und dessen baldige Schließung fordern. Im Entwurf der Gipfel-Deklaration bekennen sich die USA zur Einhaltung der Menschenrechte bei der Jagd auf Terroristen. Das Wort Guantanamo wird aber nicht erwähnt.

Unterschiedliche Auffassungen haben die USA und die EU auch zu den Flügen, mit denen die CIA Verdächtige über europäisches Terretorium transportiert. Während die USA diese lang geübte Praxis für legal halten, regt sich im Europäischen Parlament und im Europarat Widerstand. Allerdings verweisen die USA darauf, dass europäische Regierungen in die Aktivitäten der CIA eingeweiht waren oder ihnen zumindest nicht widersprochen hätten.

"Wir müssen uns nicht lieben, aber wir brauchen uns"

Bei ihrem jährlichen Gipfeltreffen wollen die Spitzen von EU und USA demonstrieren, dass sie in vielen Bereichen der Weltpolitik zusammenarbeiten. Präsident Bush möchte mit seiner ungewöhnlichen Teilnahme an dem Routinetreffen zeigen, dass er nach dem Irak-Zerwürfnis bereit ist, den Europäern wieder mehr zuzuhören. "Wir müssen uns nicht lieben", so ein EU-Diplomat," aber wir brauchen uns gegenseitig: im Iran, beim Umgang mit der Hamas im Nahen Osten und in Afghanistan."

Gemeinsam wollen die USA und die EU künftig ihren Zugang zu Energiequellen sichern. Das sei ein strategisches Ziel, dass gegenüber Energielieferanten wie den OPEC-Staaten und Russland, aber auch gegenüber größer werdenden Verbrauchern wie Russland und Indien vertreten werden solle.