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Politik

Bogotá: Mit Suppenküchen gegen den Hunger

Felipe Abondano | Ines Eisele
15. Mai 2020

Seit Ende März gilt in Kolumbiens Hauptstadt wegen der Coronavirus-Pandemie eine Ausgangssperre. Im Armenviertel El Codito versucht man, sich gegenseitig mit dem Nötigsten über Wasser zu halten.

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Bild: DW

Dieser Tage hängen in Bogotás Slums aus vielen Fenstern rote Tücher - ein Zeichen, dass die Bewohner Hunger leiden und dringend Nahrungsmittel benötigen. Die Stadtverwaltung ist sich zwar der Misere bewusst, in die der Corona-Lockdown viele ohnehin schon Arme gestürzt hat. Doch ihre Essensgutscheine und rund 81.000 ausgegebenen Hilfspakete sind in der Millionenstadt nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Auch im Armenviertel El Codito in Bogotás Norden sieht man viel roten Stoff. Für viele Anwohner bedeutet die Ausgangssperre, dass sie von heute auf morgen kein Geld mehr verdienen können, denn sie arbeiten im informellen Sektor. Die Wenigen, die vor der Krise Ersparnisse hatte, haben diese mittlerweile aufgebraucht.

Das drängendste von vielen Problemen

Und doch sind die Menschen in der Not solidarisch miteinander. Eine Gruppe Freiwilliger aus der Nachbarschaft stellt regelmäßig eine Art Suppenküche auf die Beine. Teófilo Figueroa ist einer von ihnen, er kümmert sich um das Organisatorische. "Die Menschen brauchen diese Hilfe", ist er fest überzeugt. Das glaubt auch Helferin Betty Perez. Doch auch wenn der Hunger gerade das drängendste Problem ist, so mangele es "noch an viel mehr Dingen als nur an Nahrungsmitteln. Es gibt keine Bildung, keinen Unterricht."

Kolumbien, Bogota: Rote Flaggen gegen Hunger
Rote Tücher als Hilferuf: Die Situation in Bogotás Armenviertel ist angespanntBild: Getty Images/AFP/R. Arboleda

In der heimischen Küche zerkleinert Perez Hühnchenfleisch und Gemüse und gibt die Zutaten in einen riesigen Suppenkessel, zum Schluss mischt sie noch ungekochten Reis dazu. 15 Kilogramm des Grundnahrungsmittels sind an diesem Tag für das Essen der Suppenküche zusammengekommen, drei davon hat Perez aus ihrem eigenen Hilfspaket dazu gegeben. Gekocht wird das Gericht draußen, auf einer provisorischen Feuerstelle - dort, wo es die Nachbarn sich dann auch gegen eine freiwillige Spende abholen können.

Damit genug Menschen von der Aktion erfahren, geht Johnathan Córdoba, ein weiterer Freiwilliger, von Tür zu Tür, und lädt sie zu dem gemeinschaftlichen Mittagessen ein. Es deprimiert ihn, dass an so vielen Fenstern die roten Tücher zu sehen sind. "Natürlich könnte ich jetzt auch so tun, als sähe ich die Tücher nicht und als ginge es mich nichts an", erklärt er. "Aber ich finde, wir müssen jetzt alle unsere Kräfte bündeln und einander helfen."

"Wir sind nicht alleine"

Am Ende stellen sich über 300 Bewohner von El Codito in der Schlange an, um sich eine Portion Reis mit Hühnchen abzuholen. Aus einem zweiten Topf kommen noch ein paar Kartoffeln obendrauf, ein Getränk gibt es ebenfalls. Lady Viviana Valencia, die wie die meisten mit Maske gekommen ist, ist dankbar für die Unterstützung: "Diese Nachbarschaftshilfe ist etwas sehr Schönes, denn sie kommt von Herzen. Sie zeigt uns, dass wir nicht alleine sind."

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Mit dem nötigen Abstand: Geduldiges Warten auf das Essen....Bild: DW

Der Suppenkessel mit dem Hähnchengericht wird an diesem Tag bis auf den letzten Löffel ausgekratzt. Die Helfer sind zufrieden - und machen sich doch bereits Sorgen um die kommenden Tage: Für wie viele solcher Gemeinschaftsessen werden ihre privaten Ressourcen noch reichen? Die Hoffnung fast aller Bewohner der Armenviertel ist, dass die in dieser Woche in Bogotá in Kraft getreteten ersten Lockerungen möglichst bald in ein Ende der Ausgangssperre münden. Dann könnten die Menschen wieder einer Arbeit nachgehen und die roten Tücher nach und nach aus den Fenstern verschwinden.

DW Fact Checking-Team | Ines Eisele
Ines Eisele Faktencheckerin, Redakteurin und AutorinInesEis