Sorge um US-Atomwaffen in Türkei
15. August 2016Der Putschversuch in der Türkei vom 15. Juli hat der Debatte über das Atomwaffenarsenal der USA auf dem Stützpunkt Incirlik, der nur 110 Kilometer von Syrien entfernt liegt, neue Nahrung gegeben. "Es ist völlig unklar, ob die USA im Falle eines längeren Bürgerkriegs in der Türkei die Kontrolle über die Waffen hätten behalten können", heißt es in einem Bericht der Denkfabrik Stimson Center, in dem es hauptsächlich um die geplante Modernisierung des Atomprogramms des US-Verteidigungsministeriums geht.
"Russisches Roulette"
Rund 50 Atomwaffen in Incirlik zu lagern, sei "russisches Roulette", erklärte die Ko-Autorin des Berichts, Laicie Heeley. Zwar gebe es erhebliche Sicherheitsmaßnahmen, doch könnten diese das Risiko "nicht eliminieren". "Im Falle eines Staatsstreichs kann man nicht mit Sicherheit sagen, dass wir die Kontrolle wahren können", sagte Heeley der Nachrichtenagentur AFP. Nach dem Putschversuch war der türkische Kommandeur der Luftwaffenbasis festgenommen worden, weil ihm vorgeworfen wurde, die Umstürzler unterstützt zu haben.
Der ehemalige Direktor für Verteidigung und Waffenkontrolle im nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses, Steve Andreasen, schrieb kürzlich in der "Los Angeles Times", zu den Atomwaffen in Incirlik, auch wenn "bislang die Katastrophe verhindert wurde, haben wir zahlreiche Beweise, dass sich die Sicherheit der in der Türkei gelagerten Waffen buchstäblich von einem zum anderen Tag ändern kann".
Pentagon: "Maßnahmen" ergriffen
Kori Schake vom Hoover-Institut erklärte in der "New York Times", die Waffen könnten nicht ohne Code genutzt werden. Es sei nicht möglich, sie ohne Genehmigung zu aktivieren. Selbst wenn die Türkei zum Gegner der USA würde, seien die dort stationierten Waffen nicht gefährlich, erklärte die Expertin. Das US-Verteidigungsministerium erklärte, es habe "geeignete Maßnahmen" ergriffen, um die Sicherheit seines Personals und seiner Einrichtungen zu gewährleisten.
Auch Bundeswehr in Incirlik
Die in Incirlik gelagerten Atomwaffen dienen vor allem der Abschreckung Russlands und als Zeichen des US-Engagements in der NATO, deren Mitglied die Türkei ist. Wegen ihrer Nähe zum Irak und zu Syrien ist Incirlik gleichzeitig von großer strategischer Bedeutung im Kampf der US-geführten Koalition gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Die US-Streitkräfte haben auf dem Stützpunkt etwa 1500 Soldaten und zahlreiche Kampfflugzeuge und Drohnen stationiert. Die Bundeswehr, die die Anti-IS-Koalition mit Aufklärungs- und Tankflugzeugen unterstützt, hat rund 240 Soldaten nach Incirlik entsandt.
wl/qu (afp, dpa)