Spiele-Boom
22. August 2007Georg Schnurer, stellvertretender Chefredakteur der Computerzeitschrift c't, nimmt es mit den Anfängen der Computerspiele ganz genau: "Die ersten Spiele gab es schon vor ziemlich genau 40 Jahren, nämlich in Form der so genannten Braunbox, die 1967 ein Deutscher namens Ralph Baer entwickelt hat."
Mehr Umsatz mit Computerspielen als mit Kinofilmen
Ralph Baer wurde im vergangenen Jahr von US-Präsident George W. Bush mit der "National Medal of Technology" ausgezeichnet - nicht zu Unrecht. Sein damals noch auf analogen Schaltkreisen basierendes Tennisspiel, Vorläufer des legendären Pong-Automaten von Atari, war der Grundstein für eine völlig neue Industrie, die heute enorme Wachstumsraten hinlegt.
Knapp 19 Milliarden Euro werden heutzutage weltweit mit Computer- und Videospielen umgesetzt, mehr als mit Kinofilmen. Laut "Research and Markets" soll dieser Umsatz bis Ende 2008 auf 27 Milliarden Euro steigen - und damit bald den Umsatz der Musikbranche übertreffen.
Ping-Pong-Spiel treibt die Spieler zum Einkauf
Dabei bleibt eines rätselhaft: Wer ist eigentlich der Treiber dieser Entwicklung? Sind es die Hardwarehersteller, die immer schnellere Prozessoren verbauen? Sind es die Spieleentwickler, die immer aufwendigere Szenarien entwerfen und nach mehr Rechenleistung schreien? Oder sind es die Spieler, die immer realistischere Bildschirm-Darstellungen haben wollen, um in fremde Welten eintauchen zu können?
Schnurer spricht von einem Ping-Pong-Spiel. "Die Spielehersteller fordern immer mehr. Es ist aber auch auf der anderen Seite so, dass, wenn heute ein Hardwarehersteller etwa eine neue Grafikkarte herausbringt, er gleich eine Demo mitliefert, die zeigt, was für tolle Effekte man mit diesem neuen Baustein machen kann." Das sporne dann wieder die Spieleentwickler an, diese Effekte einzubauen. Wer da wen treibe, wisse keiner genau, meint Schnurer: "Letztendlich treiben sie uns alle an die Kassen, damit wir neue Rechner und neue Komponenten kaufen."
Wer nicht spielt, profitiert von der Technik
Und die Kassen klingeln. Schon 2004 haben die Deutschen Unterhaltungs-Software für rund 1,3 Milliarden Euro gekauft - und noch einmal drei Milliarden Euro für die notwendige Hardware, also Spielekonsolen und PCs. Damit ist Deutschland nach Großbritannien der zweitgrößte Spielemarkt in Europa.
Mehr als zwei Drittel aller Bundesbürger zwischen 14 und 64 Jahren sind Computernutzer, und sie geben das Spielen am PC als wichtigen Nutzungszweck an. Doch auch wer nicht am Computer spielt, profitiere von der rasanten technischen Entwicklung der Computerspiele, erklärt Schnurer: "Wir hätten heute mit Sicherheit keine Grafikkarten, die 3-D-Beschleunigung und solche Dinge zu so einem geringen Preis können, das wären heute elend teure Spezialgeräte, wenn es nicht die Spieler gäbe."
Spielkonsole als Multimediazentrale
Und wenn es nicht die beiden Erzkonkurrenten gäbe: Sony und Microsoft. Der Softwarekonzern aus Redmont hat den Spielemarkt schon längst als Zukunftsmarkt entdeckt und wirbt mit seiner Spielekonsole X-Box um die Gunst der Käufer, das Flagschiff des japanischen Elektronikkonzerns Sony heißt Playstation III. "Beide Konsolen sind subventioniert", betont Schnurer. "Das heißt, die Hardware, die da drin ist, würde ich zu den Preisen normalerweise nicht kriegen." Die Konzerne hofften, diese Ausgaben durch den Spieleverkauf wieder herein zu bekommen.
Inzwischen seien die Geräte extrem leistungsfähig, und zudem weit mehr als reine Spielekonsolen, sagt Schnurer. "Die Playstation III kann ja auch noch hoch auflösende Videos abspielen. Sie ist vernetzbar, ich kann damit im Internet surfen, ich kann mit anderen Leuten zusammen spielen. Ich kann das ganze als eine Art Multimediazentrale für Zuhause verwenden. Da wird also die Spielkonsole immer mehr so ein zentraler Bestandteil des Wohnzimmers, wenn man sich dann auch darauf einlässt."