Später Sieg für CIA-Opfer El Masri
13. Dezember 2012Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Mazedonien im Zusammenhang mit der Entführung des Deutsch-Libanesen Khaled el Masri durch den US-Geheimdienst CIA zu einer Schmerzensgeldzahlung verurteilt. Die Regierung in Skopje wurde angewiesen, dem Kläger 60.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. Nach Angaben seines Anwalts hatte El Masri von Mazedonien 300.000 Euro Schmerzensgeld gefordert. Die Straßburger Richter sahen es in dem Urteil vom Donnerstag als erwiesen an, dass die mazedonischen Behörden den heute 49-Jährigen Ende 2003 festgenommen und drei Wochen später der CIA übergeben hatten.
El Masri wurde anschließend nach Afghanistan entführt und dort nach eigenem Bekunden gefoltert. Die mazedonische Regierung hatte sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen, obwohl diese von Berichten eines Sonderermittlers des Europarats und auch durch Depeschen der US-Botschaft in Mazedonien untermauert werden, die Wikileaks veröffentlicht hatte.
Monatelang verhört und misshandelt
Khaled el Masri ist eines der mutmaßlichen Opfer einer berühmt-berüchtigten CIA-Operation, bei der nach den Anschlägen des 11. September Personen, bei denen man Verbindungen zum Terrornetzwerk El Kaida vermutete, in europäischen Ländern gekidnappt und in geheime Gefängnisse gebracht wurden. Der Deutsche mit libanesischen Wurzeln war am 31. Dezember 2003 an der mazedonischen Grenze aus einem Reisebus geholt, tagelang in einem Hotel in Skopje festgehalten und von mazedonischen Ermittlern nach Kontakten in die radikal-islamistische Szene befragt worden. Anlass war offensichtlich die Tatsache, dass man seinen Pass für gefälscht hielt. Am 23. Januar 2004 wurde El Masri nach eigenen Angaben an Bord eines Flugzeugs von CIA-Agenten aus Mazedonien nach Afghanistan entführt und in einem Geheimgefängnis monatelang verhört und misshandelt. Erst im Mai 2004 wurde er nach Europa zurückgeflogen und in Albanien auf freien Fuß gesetzt. Der Verdacht, er könne Verbindung zu Terrornetzwerken haben, hatte sich nicht bestätigt.
El Masris Fall machte Mitte des vorigen Jahrzehnts in Deutschland Schlagzeilen, weil er angab, in seinem afghanischen Gefängnis auch von einem Deutschen verhört worden zu sein. Später war sich El Masri jedoch nicht mehr sicher, ob dieser Befrager namens "Sam" tatsächlich ein Deutscher war. Der damalige Bundesinnenminister Otto Schily war Ende Mai 2004 vom seinerzeitigen US-Botschafter Daniel Coats über den Fall unterrichtet worden. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages versuchte vergeblich zu klären, ob deutsche Stellen von der Entführung wussten oder gar daran beteiligt waren. Vor Gerichten in Deutschland, den USA und Mazedonien klagte der Deutsch-Libanese vergeblich auf Entschädigung.
Keine Rückkehr ins normale Leben
Stark traumatisiert von seinen Erlebnissen, fand der inzwischen fast 50-jährige gelernte Schreiner in Deutschland nicht wieder ins normale Leben zurück. Es gelang ihm nicht, seine Aggressionen zu beherrschen. So schlug er bei einer Fahrausbildung einen Prüfer nieder, zündete einen Supermarkt an, der ihm Hausverbot erteilt hatte, und verprügelte auch den Neu-Ulmer Bürgermeister. Derzeit sitzt er im Gefängnis.
Laut Amnesty International ist das Straßburger Urteil die erste Entscheidung eines internationalen Gerichts über die Mitwirkung europäischer Staaten am System der Geheimgefängnisse und Verschleppungen durch die CIA.
beg/ hp (afp, dpa, rtr, dapd)