Böhmermanns Erdogan-Satire beschäftigt Justiz
6. April 2016Möglicherweise hat sich der deutsche Satiriker Jan Böhmermann strafbar gemacht. Wegen seines Schmähgedichts über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Mainzer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es werde wegen des Verdachts der Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten geführt, teilte die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller mit.
Dabei gehe es um einen möglichen Verstoß gegen Paragraf 103 des Strafgesetzbuches. Zur Sicherung der Beweise werde beim ZDF ein Mitschnitt der Sendung angefordert. Außerdem werde das Bundesjustizministerium informiert, um zu klären, ob von der Türkei oder ihrem Staatsoberhaupt ein Strafverlangen gestellt werde.
Formulierungen gehen unter die Gürtellinie
Zuvor waren rund 20 Strafanzeigen von Privatpersonen eingegangen. Böhmermann hatte das Gedicht in seiner TV-Sendung "Neo Magazin Royale" auf dem Fernsehkanal ZDFneo vorgetragen. Der 35-Jährige betitelte das Gedicht selbst als "Schmähkritik" und benutzte Formulierungen die unter die Gürtellinie zielten. Deshalb strich das in Mainz ansässige ZDF den Beitrag aus der Wiederholung seiner Sendung und aus der Mediathek. Zur Begründung hieß es, es gebe Grenzen der Ironie und der Satire.
Auch in der Bundesregierung hatte das Gedicht für Aufregung gesorgt. Am Montag telefonierte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu wegen der Angelegenheit. Sie bezeichnete das Gedicht darin als "bewusst verletzend". Nach einem Bericht der Berliner Zeitung "Tagesspiegel" hatte das Auswärtige Amt zuvor intern geprüft, ob sich Böhmermann mit seinen schroffen Worten gegen Erdogan strafbar gemacht hatte.
Trotz der Ermittlungen der Mainzer Staatsanwaltschaft gegen Böhmermann hält das Grimme-Institut seine Einladung zur Preisverleihung an den Satiriker aufrecht. Er soll am Freitag im westfälischen Marl einen Grimme-Preis für seine Satire rund um den ausgestreckten Mittelfinger des griechischen Ex-Finanzministers Yanis Varoufakis verliehen bekommen.
uh/SC (dpa)