Staatschef von Kirgisistan zurückgetreten
15. Oktober 2020Im Machtkampf in dem zentralasiatischen Land Kirgisistan gibt Präsident Sooronbaj Dscheenbekow sein Amt auf. "Ich halte nicht an der Macht fest", sagte er in der Hauptstadt Bischkek. Er wolle nicht als Staatsoberhaupt in die Geschichte eingehen, das auf seine eigenen Bürger geschossen habe, so Dscheenbekow in einem Redetext, der von seinem Büro veröffentlicht wurde.
Er wollte das Chaos vermeiden
Der 61-Jährige war erst seit 2017 im Amt. Er hatte zuletzt zwar seinen Rückzug signalisiert, den Zeitpunkt aber offen gelassen. Dscheenbekow argumentierte bislang, ein Präsidentenwechsel inmitten einer politischen Krise würde das Land ins Chaos stürzen. Demonstranten hatten in dem Hochgebirgsland an der Grenze zu China immer wieder seinen Rücktritt gefordert.
Regierungschef erklärt sich zum Präsidenten
Stunden später erklärte sich Regierungschef Sadyr Schaparow zum Präsidenten und teilte mit, dass er das Amt in Personalunion ausüben wolle. "Die Befugnisse des Präsidenten und des Ministerpräsidenten sind auf mich übertragen worden", sagte er vor seinen Anhängern.
Am Mittwoch hatte Schaparow mit Nachdruck darauf bestanden, dass Dscheenbekow sein Amt niederlegt. Hintergrund ist die von Fälschungen begleitete Parlamentswahl vor mehr als anderthalb Wochen. Dabei hatten zwei der Regierung nahestehende Parteien die meisten Stimmen erhalten. Viele Oppositionsparteien verpassten dagegen den Einzug ins Parlament. Daraufhin gab es blutige Proteste mit Hunderten Verletzten.
Eine neue Wahl?
Demonstranten stürmten Gebäude der Regierung. Die Wahlkommission annullierte daraufhin das Ergebnis. Es sollte in den kommenden Wochen eine neue Wahl in der Ex-Sowjetrepublik geben.
Bei den Protesten war Schaparow von Anhängern aus dem Gefängnis befreit worden. Zunächst wollte ihn Dscheenbekow nicht als neuen Regierungschef anerkennen. Mehrere Gruppen kämpfen in dem Land um Einfluss. Russland als Verbündeter warnte vor einem politischen Chaos. In Bischkek gilt seit dem Wochenende eine nächtliche Ausgangssperre. Proteste sind deshalb verboten.
ml/wa (dpa, afp)