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Startups in Lagos und Hamburg

Alexander Drechsel / Adrian Kriesch27. Februar 2015

Die einen kämpfen mit Verkehrschaos und unzuverlässiger Technik, die anderen mit Gesetzen und wenig Risikobereitschaft - Startups in Nigeria und Deutschland. Verbunden sind sie allerdings durch ein Problem.

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Finger tippt auf Smartphone (Foto: DW)
Bild: DW/E. Rubin

Lola Olusola bewegt sich sicher auf dem Networking-Parkett bei der Social Media Woche in der nigerianischen Wirtschaftsmetropole Lagos. Gerade noch diskutiert sie auf der Bühne über die Rolle von Frauen in Technologieunternehmen. Gleich danach schüttelt sie Hände, verteilt Visitenkarten, knüpft Kontakte. Darum ist Olusola hier. Die 31-Jährige hat im Dezember 2013 ella.ng gegründet, eine Website, mit der sie Frauenkleidung in Nigeria verkauft.

Die Idee hatte sie, als sie in England bei einer Firma beschäftigt war, die Handtaschen verkauft. Sie arbeitete in einem fünfköpfigen Online-Team, dass 55 Prozent zum Umsatz der Firma beigetragen hat - obwohl 200 weitere Leute in Geschäften gearbeitet haben. "Also habe ich mir gesagt: Wow, das hat Potential. Warum sollte ich das nicht hier in Nigeria probieren", so Olusola gegenüber der DW.

Lola Olusola (Foto: DW)
Lola Olusola verkauft online Kleidung an FrauenBild: DW/A. Kriesch

Anderer Kontinent, andere Probleme

Ortswechsel: Rund 5300 Kilometer entfernt sitzt Miram Bundel ebenfalls auf einem Podium der Social Media Week, die gerade zeitgleich in sieben afrikanischen, amerikanischen, asiatischen und europäischen Städten stattfindet. Bundel diskutiert im norddeutschen Hamburg, ob Frauen es in der technik-getriebenen Startup-Szene schwieriger haben oder ob alle Gründer mehr oder weniger vor vergleichbaren Problemen stehen. Gemeinsam mit zwei Partnern hat die 25-Jährige die Onlineplattform Shelfsailor.com ins Leben gerufen, die Lagerplatz vermittelt. Wer privat etwas unterstellen will, kann über die Plattform Privatleute finden, die beispielsweise Platz auf dem Dachboden haben, erzählt sie.

Bundels Startup ist erst wenige Wochen alt und steht vor typischen Hindernissen: "Die größten Probleme sind momentan, dass unser Dreierteam alles noch nebenberuflich macht. Auch fehlt uns noch das Geld, hauptberuflich einzusteigen. Das heißt, wir suchen Investoren oder Venture Capital, die uns unterstützen."

Miriam Bundel (Foto: DW)
Miriam Bundel sucht nach Kapitalgebern für ihr StartupBild: DW/A. Drechsel

Hochgesteckte Ziele in Hamburg und Lagos

Sie und ihre beiden Kollegen wollen möglichst schnell über Deutschlands Grenzen hinaus expandieren, aber dafür braucht das Trio Risikokapital. Wie man daran kommen kann, ist ein Thema der internationalen Veranstaltungsreihe Social Media Week.

In Lagos hat Olusola ebenfalls ambitionierte Ziele: Noch dieses Jahr will sie zehn Millionen Kunden haben und 100.000 Kleidungsstücke verkaufen. Der Markt sei dafür groß genug, sagt sie. Nigeria hat die größte Volkswirtschaft Afrikas und mehr als 170 Millionen Einwohner. Obwohl in dem ölreichem Land mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Armut lebt, wächst vor allem in den Ballungszentren die Mittelschicht.

Suche nach qualifiziertem Personal

Noch aber steht die nigerianische Unternehmerin vor Herausforderungen. Zum einen ist da der hektische Verkehr in der überfüllten Megacity Lagos, der sie immer wieder vor Probleme bei Lieferungen stellt. Außerdem sei es schwierig, qualifiziertes Personal zu finden. "Der E-Commerce- und Technologie-Sektor wächst. Aber uns fehlt eine Generation ausgebildeter Leute", sagt Olusola, die vier weitere Mitarbeiter beschäftigt.

Personalsorgen treiben auch deutsche Startups um. Heide Peuckert, Produktmanagerin in einer Hamburger Softwareschmiede findet, "dass es sehr schwierig ist für kleine Unternehmen, überhaupt Personal zu bekommen, weil man es lange an sich binden muss." Deutschland müsse seine Arbeitnehmergesetze überarbeiten, um gerade im Startup-Bereich international mithalten zu können.

Heide Peuckert (Foto: DW)
Heide Peukert will mehr Flexibilität in der ArbeitsweltBild: DW/A. Drechsel

Ein weiteres Problem für Startups: Es gebe kaum qualifiziertes Personal, insbesondere Programmierer fehlten, lautet eine häufige Klage der Startups auf der Social Media Week - egal ob in Hamburg oder Lagos. Ugochi Ugbomeh beispielsweise findet trotz Massenarbeitslosigkeit in Nigeria kaum gute Mitarbeiter. Sie war im August 2013 eine der Gründerinnen von Tranzit, einem App-basiertem Taxi- und Lieferservice für den Transport von verschiedensten Artikeln. Auch sie hat in Großbritannien gelebt und hatte die Idee bei einem Heimatbesuch.

Technikprobleme versus Bewusstsein

Ugochi Ugbomeh (Foto: DW)
Ugochi Ugbomeh sucht Wege durch Lagos' VerkehrBild: DW/A. Kriesch

Im Gegensatz zu Lola Olusola profitiert Ugbomehs Geschäft jedoch vom Verkehrschaos in Lagos. "Aber eines der größten Hindernisse für unser Geschäft sind die ständigen Probleme mit dem Mobilfunknetz", sagt sie. "Die Fahrer haben häufig kein Telefonnetz und können so nicht von den Kunden geortet werden. Das ist ein generelles Problem in Nigeria." Im aktuellen Doing Business Report der Weltbank liegt Nigeria im internationalen Vergleich der Geschäftsbedingungen auf Platz 170 weit hinten, Deutschland ist auf Platz 14.

In Sachen Infrastruktur, Technik und Rechtssicherheit bietet Deutschland demnach bessere Voraussetzungen als Nigeria. Aber Sina Gritzuhn macht auf der Hamburger Social Media Week ein anderes großes Hemmnis in Deutschland aus: Es mangele am Bewusstsein, dass es eine große Herausforderung ist, ein Startup zu gründen. "Dabei passieren manchmal Fehler oder die Idee funktioniert nicht", sagt die Mitbegründerin der Onlineplattform Hamburg Startups. Sie vermisst in Deutschland eine Fehlertoleranz. Wenn Gründer scheiterten, würden sie stigmatisiert und das sei falsch. "Man kann wieder aufstehen und weiter machen, so lernt man permanent."