Die Fußball-EM, die Streiks und der Terror
10. Juni 2016Erste Fan-Randalen, streikende Eisenbahner und Zehntausende Polizisten in Alarmbereitschaft: Vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft herrscht in Frankreich große Nervosität.In der südfranzösischen Hafenstadt Marseille gab es erste Auseinandersetzungen zwischen englischen Fans und der Polizei. Dabei gingen die Sicherheitskräfte am Donnerstagabend auch mit Tränengas gegen einige der rund 200 Beteiligten vor, wie die Regionalzeitung "La Provence" berichtete. Nach einigen Minuten sei die Lage beruhigt gewesen.
Verkehrsminister: Notfalls Arbeitszwang für Zugführer
Auch ohne pöbelnde Fans - für den Organisations-Chef der EM, Jacques Lamber, ist der Auftakt der Fußball-Europameisterschaft schon vor dem ersten Anpfiff beschädigt. "Das Bild, das Frankreich abgibt, ist nicht das, das wir zeigen wollten", sagte Lambert Radio France Inter. Er bedauerte, dass sich die rund 1,5 Millionen ausländischen Fußball-Fans wegen der Streiks im Verkehrssektor nicht vollständig frei bewegen können. Überdies haben die Piloten der Air France einen Ausstand angekündigt, der am Samstag beginnen und vier Tage dauern soll. Die Konzernleitung erklärte, es seien aber mehr als 80 Prozent der Flüge sichergestellt.
Frankreichs Transportminister Alain Vidalies schloss nicht aus, die streikenden Zugführer im Vorfeld der EM-Auftaktpartie zwischen Gastgeber Frankreich und Rumänien vor den Toren von Paris am Freitagabend zur Arbeit zu zwingen. "Wenn wir entsprechende Anweisungen geben müssen, werden wir das tun", sagte Vidalies dem Radiosender Europe 1.
Er versprach, trotz des Bahnstreiks würden alle 80.000 Zuschauer der Eröffnungspartie Frankreich gegen Rumänien zum Stade de France in der Pariser Vorstadt Saint-Denis gebracht. Blockaden von Bahngleisen würden "strafrechtliche und disziplinarische" Konsequenzen haben, so die Warnung aus dem Verkehrsministerium. Weitere Verhandlungen mit den Streikenden lehnte Vidalies bis auf Weiteres ab: "Wir werden keine Aktionen tolerieren, die das große EM-Fest stören. Der Ausstand ist sinnlos geworden."
Stinkende Müllberge, Chaos im Bahnverkehr
Der Streik bei der Staatsbahn SNCF sorgte am Freitag den zehnten Tag in Folge zu erheblichen Behinderungen im Schienenverkehr. Die Bahnmitarbeiter protestieren mit den Arbeitsniederlegungen gegen eine umstrittene Arbeitsmarktreform, in erster Linie aber gegen eine neue Arbeitszeitregelung.
Aus demselben Grund wird auch bei der Pariser Müllabfuhr gestreikt. Weil Mülltonnen in einigen Stadtteilen nicht mehr geleert wurden, türmten sich Abfallberge am Straßenrand. Das Pariser Rathaus griff mittlerweile auf Privatunternehmen zurück, um den Müll entsorgen. Bis zur Rückkehr zur Normalität würden aber noch "einige Tage vergehen", sagte die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo im Sender RMC.
Terrorgefahr sorgt auch Bundespräsident Joachim Gauck
Überschattet wird die vierwöchige Fußball-Europameisterschaft auch vor der Sorge vor Anschlägen - trotz der enormen Sicherheitsvorkehrungen, unter denen sie stattfindet. Auch Bundespräsident Joachim Gauck blickt beunruhigt auf die Fußball-Europameisterschaft. "Unsere Nachbarn haben bittere Erfahrungen sammeln müssen und sind sicher auch sehr aufgeregt. Sie haben sehr viel investiert, um die Sicherheit zu garantierten", sagte Gauck bei dem Besuch eines "Integration Point", der geflüchteten Menschen Perspektiven für Arbeit und Ausbildung vermitteln soll.
Insgesamt sollen rund 90.000 Polizisten und Sicherheitskräfte die Stadien sichern. Eine besondere Herausforderung ist der Schutz der zahlreichen Fan-Meilen, wo sich Tausende die Begegnungen auf Großleinwänden anschauen wollen. Hauptattraktion ist die Meile am Fuße des Eiffelturms, wo am Vorabend der Eröffnung ein Großkonzert reibungslos über die Bühne ging.
cw/mm (dpa, rtr, afp, sid)