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Streit um Darstellung der Krim auf Landkarten

Roman Goncharenko (mo)14. Januar 2016

Russland mit Krim oder ohne? Der jüngste Streit mit dem Unternehmen Coca Cola ist nicht der erste nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel durch Russland im März 2014. Kiew protestiert gegen Landkarten.

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Die Krim unter einer Lupe auf einem Atlas (Foto: Jochen Lübke/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Coca Cola hat sich bei der Ukraine entschuldigt. Das teilte die ukrainische Botschaft in den USA mit. Grund ist eine Russland-Karte, die das amerikanische Unternehmen im russischen sozialen Netzwerk "Vkontakte" veröffentlicht hatte. Erst war sie ohne die Krim dargestellt, was die Russen empörte, dann mit der Krim, was die Ukrainer verärgerte. Als in Kiew zum Boykott von Coca Cola aufgerufen wurde, wurde der Eintrag gelöscht.

Zur gleichen Zeit wurde bekannt, dass auch die russische Vertretung des amerikanischen Getränkeherstellers PepsiCo eine Landkarte Russlands inklusive Krim verwendete. Auch sie soll inzwischen aus dem Internet entfernt worden sein.

"Kartographische Legitimation"

Anton Schechowzow vom Londoner Legatum Institute kritisiert, dass immer wieder auf Landkarten die Krim als Teil Russlands eingezeichnet wird. Das sei eine "kartographische Legitimation der Besetzung der Krim durch die Russische Föderation", sagte der Deutschen Welle der Politologe und Blogger, der selbst von der Krim stammt. Er meint, manche Firmen würden die Halbinsel als Teil Russlands betrachten, weil sie de facto von Moskau kontrolliert werde. "Andere sind auf dem russischen Markt tätig und glauben dem Mainstream in Russland folgen zu müssen", so Schechowzow.

Ukraine-Experte Anton Schechowzow (Foto: Legatum Institute)
Anton Schechowzow kritisiert Landkarten, auf denen die Krim Teil Russland istBild: Legatum Institute

Schon in den ersten Wochen nach der Annexion der Krim gab es im Internet eine ungewöhnliche Lösung für das Landkarten-Problem. So stellte das russische IT-Unternehmen "Yandex" für User aus der Ukraine die Krim weiter als Teil der Ukraine dar, aber für User aus Russland als Teil ihres Landes. Ähnlich verhält sich Google. Auf den russischen Versionen der Landkarten ist zwischen der Halbinsel und dem ukrainischen Festland eine durchgezogene Linie als Grenze zu sehen. Auf den ukrainischen Google-Karten, aber auch auf den deutschen, ist die Linie gestrichelt.

Der Landkarten-Streit sorgte bereits im August 2015 für eine Note an das italienische Außenamt, mit der Kiew gegen eine Russland-Karte inklusive Krim protestierte, die auf dem russischen Expo-Stand in Mailand hing. Ein Jahr zuvor hatte Kiew beim Internationalen Fußballverband FIFA gegen einen Werbeclip für die Weltmeisterschaft in Russland im Jahr 2018 protestiert. Darin war eine auf das Bolschoi-Theater in Moskau projizierte Landkarte Russlands plus Krim zu sehen. Die FIFA entschuldigte sich und der Clip wurde geändert.

Schulbücher und Atlanten

Für Aufsehen sorgte in der Ukraine im Oktober 2015 die Meldung, zwei westliche Verlage hätten die Krim als Teil Russlands dargestellt. Einer von ihnen ist der französische Verlag Larousse, der einen Atlas herausgegeben hatte. Der Protest des ukrainischen Botschafters blieb vom Verlag offenbar unbeantwortet, aber seitens des französischen Außenamts hieß es, Paris erkenne die "Annexion der Krim" nicht an.

Auch der britische Verlag Oxford University Press hatte in einem neuen Lehrbuch der Geographie die Krim Russland zugeschlagen. Nach Kritik des ukrainischen Botschafters versprach der Verlag, die Haltung der UNO in dieser Frage zu den Angaben über die Halbinsel hinzuzufügen. Im vergangenen Jahr wurden auch kasachische Schulbücher entdeckt, in denen die Krim "russisch" ist. Nach Protesten aus Kiew versprach die kasachische Regierung Korrekturen.

Das ukrainische Außenamt ruft unterdessen dazu auf, Landkarten zu melden, auf denen die Krim als Teil Russlands eingezeichnet ist. Dafür wurde eigens eine Email-Adresse eingerichtet. Aber die eingehenden Hinweise entsprechen nicht immer der Wahrheit. So hatten Aktivisten in Frankreich dem Verlag Rocher vorgeworfen, in einem Atlas die Krim Russland zugeschlagen zu haben. Wenige Tage später mussten sie sich entschuldigen, da sich der Vorwurf nicht erhärtete.

Karte der Krim (Grafik: DW)
Bild: DW

Kartographen: Krim ist ukrainisch

In Deutschland wurden noch keine Karten oder Reiseführer entdeckt, die die Krim zu einem Teil Russlands machen. "Bei der politischen Karte wird die Krim nach wie vor in der Farbe der Ukraine markiert", sagte der DW Thomas Michael von der Verlagsgruppe Westermann. Das Braunschweiger Unternehmen gibt Karten und Lehrmaterialien heraus. "Zu dem Festland gibt es eine gestrichelte Linie, keine durchgezogene Staatsgrenze, die zeigt, dass es sich um eine umstrittene Grenze handelt", so Michael. Sein Verlag richte sich nach dem Auswärtigen Amt in Berlin. Aus Sicht des Völkerrechts sei die Krim Bestandteil der Ukraine.

Diese Position teilt auch der österreichische Landkarten-Verlag Freytag & Berndt. Dem Vertreter des Wiener Unternehmens Peter Stari zufolge steht die gestrichelte Linie für einen "Schwebezustand". Sollte dieser länger andauern, könnte die Krim künftig gestreift mit den Farben der Ukraine und Russlands dargestellt werden. Stari sagte, in der Welt gebe es viele solcher Fälle wie die Krim, beispielsweise die Region Kaschmir, die Indien und Pakistan für sich beanspruchten, oder das Japanische Meer. Immer wieder würden die Botschafter Japans und Südkoreas den Verlag auffordern, seine Landkarten zu ändern. Bei Westermann und Freytag &Berndt sind bezüglich der Krim noch keine Beschwerden eingegangen.