Streit um Untersuchungsausschuss
13. Februar 2014Interesse an einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss haben meistens nur die Oppositionsfraktionen im Bundestag. Sie hoffen dabei, der Regierung ein vermeintliches Fehlverhalten nachweisen zu können. Deshalb ist es schon außergewöhnlich, wenn das ganze Parlament die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Spionage-Tätigkeit des US-Geheimdienstes NSA befürwortet. Allerdings konnten sich Grüne und Linke einerseits sowie Konservative und Sozialdemokraten andererseits noch nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Daran hat sich auch nach der Bundestagsdebatte nichts geändert.
Hans-Christian Ströbele (Grüne) warf der Regierung vor, es gehe ihr gar nicht um Aufklärung. Begründung: Sie habe kein Interesse daran, den Whistleblower Edward Snowden in Deutschland als Zeugen zu befragen. Der frühere Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA hatte die weltweite Ausspähung des Internets und der Telekommunikation im Juni 2013 enthüllt. Im vergangenen Herbst besuchte Ströbele den Whistleblower in dessen russischem Asyl. Von dem Treffen brachte der Grünen-Politiker einen an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gerichteten Brief mit, in dem Snowden seine Bereitschaft zur Aussage erklärte.
Union will "unangenehme Fragen" stellen
Im Kanzleramt wurde die NSA-Affäre lange heruntergespielt, der damalige Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla (CDU) erklärte sie vorübergehend sogar für beendet. In der Bundestagsdebatte räumte der Unionsabgeordnete Thomas Silberhorn ein, die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses anfangs skeptisch beurteilt zu haben. Das habe sich unter dem Eindruck der immer neuen Enthüllungen Snowdens geändert. Dem nun von Konservativen und Sozialdemokraten vorgelegten Antrag für einen NSA-Untersuchungsausschuss sei zu entnehmen, dass es nicht an "unangenehmen Fragen" mangele, sagte Silberhorn.
Ein Blick in den Antragstext der Regierungsfraktionen scheint die Behauptung des CSU-Politikers zu bestätigen. Demnach wollen Union und SPD wissen, welche Erkenntnisse staatliche Stellen zu welchem Zeitpunkt über NSA-Aktivitäten auf deutschem Boden hatten? Damit sind nicht nur klassische Spionage-Methoden wie der "Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel" gemeint, sondern auch deren mögliche Folgen außerhalb des Landes. Konkret soll beispielsweise nach rechtswidrigen Maßnahmen wie "gezielte Tötungen durch Kampfdrohneneinsätze" gefragt werden. Waren deutsche Stellen "an der Durchführung derartiger Maßnahmen gegebenenfalls in irgendeiner Form beteiligt?", lautet eine zentrale Frage im Antragsentwurf der Regierungsfraktionen.
Die Suche nach einem Kompromiss geht weiter
Im Text der Oppositionsfraktionen finden sich ähnliche Fragen. Trotzdem konnten sich beide Lager bislang nicht auf einen Kompromiss verständigen. Martina Renner von den Linken warf dem Regierungslager sogar vor, den NSA-Untersuchungsausschuss mit "Scheinargumenten" verhindern zu wollen. Dem widersprach Eva Högl von der SPD energisch. Sie zeigte sich enttäuscht darüber, dass es nicht gelungen sei, fraktionsübergreifend "an einem Strang zu ziehen". Dabei ziele das Aufklärungsinteresse aller Fraktionen doch eigentlich in die gleiche Richtung. Deshalb hoffe sie, dass es noch zu einem gemeinsamen Antrag kommen werde, sagte Högl.
Die Chance dazu besteht bei den weiteren Beratungen im Geschäftsordnungsausschuss des Deutschen Bundestages, in den beide Anträge überwiesen wurden. Wahrscheinlich im März wird der Bundestag über die Einsetzung eines NSA-Untersuchungsausschusses abstimmen. Dass er kommt, daran zweifelt niemand mehr. Es geht nur noch um den endgültigen Auftrag.//dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/004/1800420.pdf