Schwierige Stimmenauszählung
8. März 2013Es ist die erste Pressekonferenz der CORD-Allianz von Präsidentschaftskandidat Raila Odinga seit dem Wahltag (04.03.2013). Die Anschuldigungen, die Odingas Vize-Kandidat Stephen Kalonzo Musyoka vorbringt, sind wohl überlegt: Er kritisiert, dass 80 Prozent der Geräte für die elektronische Identifizierung der Wähler nicht funktioniert hätten. Außerdem moniert er, dass die technischen Pannen Missbrauch ermöglicht haben könnten. "Das Gesetz fordert die elektronische Übermittlung der Auszählungen aus den Wahlbüros zum nationalen Wahlzentrum, bevor die Formulare mit den Ergebnissen überbracht werden, damit diese nicht verändert werden können", sagte Musyoka.
Am Mittwoch (06.03.2013) hatte die nationale Wahlkommission in Kenia zugegeben, dass ihre selbst entwickelte Technik für die Übertragung der Ergebnisse aus den Wahlkreisen nicht funktioniert. Der Kommissionsvorsitzende Issack Hassan hatte deshalb alle Wahlkreisleiter aufgerufen, die Formulare mit den Ergebnissen aus den Wahlbüros so schnell wie möglich nach Nairobi zu bringen. Dort werden die Unterlagen nun von Mitarbeitern der Wahlkommission überprüft und anschließend - Wahlkreis für Wahlkreis - als endgültiges Ergebnis bekanntgegeben.
Kenyatta führt bislang
Die CORD-Allianz kritisiert, dass dieses Vorgehen ein Schlupfloch für Wahlmanipulationen sei. Die endgültigen Ergebnisse könnten nicht mehr - wie vorgesehen - mit den Zahlen verglichen werden, die direkt nach der Auszählung elektronisch übermittelt werden sollten. Musyoka forderte, dass die Bekanntgabe der Ergebnisse sofort gestoppt wird.
Bis Freitagnachmittag (08.03.2013) waren Zahlen aus 232 von insgesamt 291 Wahlkreisen veröffentlicht. Demnach führt Uhuru Kenyatta von der Jubilee-Allianz das Rennen um das Präsidentschaftsamt mit etwa 600.000 Stimmen Vorsprung an.
Aber auch von der Jubilee-Seite kommt Kritik. Für einen Anhänger von Kenyatta in Nairobi ist klar, dass keine der beiden Seiten die Wahlergebnisse anerkennen wird. "Wenn Raila [Odinga] gewinnt, gehen wir vor Gericht. Und wir wissen auch, wenn unser Präsident Uhuru [Kenyatta] wird, dann geht CORD vor Gericht. Denn dieser ganze Vorgang ist nicht fair! Da kann man nichts mehr glauben."
Debatte um ungültige Stimmen
Anklagepunkt von Jubilee-Kandidat Uhuru Kenyatta ist der Umgang mit ungültigen Wahlstimmen. Laut Kenias Verfassung müssen ungültige Stimmen bei der Berechnung der Prozentanteile als abgegebene Stimme mitgezählt werden. Bei vielen ungültigen Stimmen könnte Kenyattas Stimmenanteil unter die 50-Prozent-Marke rutschen. Damit würde eine Stichwahl nötig, da kein Kandidat die benötigte absolute Mehrheit im ersten Wahlgang erreicht hätte. In den ersten zwei Tagen nach der Wahl hatten die ungültigen Wahlstimmen um die fünf Prozent der Gesamtstimmen ausgemacht. Dass der Anteil bei den jetzt neu bekannt gegebenen Ergebnissen bei nur noch bei einem Prozent liegt, wirft Fragen auf und bietet Nährboden für Gerüchte. Die Wahlkommission hat den Unterschied mit einem Programmier-Fehler im ursprünglichen benutzen Zählprogramm erklärt. Demnach seien die ungültigen Stimmen fälschlicherweise vervielfacht worden. Aber Meldungen über Festnahmen von Wahlhelfern, die ihre Wahlurnen nicht versiegelt hatten, feuern Spekulationen weiter an.
Journalisten wachen mit über Kenias Frieden
Trotzdem bleibt es in Kenia ruhig. Auch Kalonzo Musyoka legte in seiner Pressekonferenz Wert darauf, dass seine CORD-Allianz nicht zu Demonstrationen aufruft, sondern weiterhin um Geduld bittet. Aber auch die kenianischen Medien tragen dazu bei, dass sich die Stimmung nicht aufheizt. Außer den Bekanntmachungen von Wahlkommission und Polizei übertragen sie keine Pressekonferenzen live.
Der Leiter des DW-Partnersenders Radio Maisha in Nairobi, Kizito Namulanda, meint, dies sei wie ein ungeschriebenes Gesetz. "Jeder Journalist hier ist vorsichtig. Erstmal wollen wir alles verifizieren, bevor wir es senden. Und was uns noch viel mehr Sorge macht ist, was mit unserem Land passieren könnte."
Das hatten die Journalisten auch bei der Berichterstattung über die Anschläge in Mombasa und Kilifi berücksichtigt. Namulanda erzählt, dass Kenias Medien schon lange vor Öffnung der Wahllokale am Montag von den blutigen Überfällen mit vielen Toten gewusst hatten. Gesendet wurde die Nachricht aber erst, als die Polizei damit an die Öffentlichkeit ging.
Wahlkommission: "Keine Manipulation möglich"
Am Donnerstagabend ging Wahlkommissionsvorsitzender Hassan vor die Presse, um das Vertrauen in die Wahlkommission aufrecht zu erhalten und Gerüchte zu stoppen. "Entgegen den Spekulationen und Gerüchten glauben wir nicht, dass unser System gehackt wurde, weil das vielschichtige Sicherheitssystem, das wir installiert haben, nichts dergleichen anzeigt."
Hassan erklärte im Detail, wie die Kommission sicherstellt, dass die Wahlergebnisse ständig überprüfbar sind: Nach der Auszählung im Wahlbüro würden Parteimitglieder die Formulare gegenzeichnen. Nachdem eine Kopie im Wahllokal ausgehängt wurde, würden die Stimmzettel noch einmal in den regionalen Wahlzentren nachgeprüft. Schließlich würden alle Formulare, die von den Wahlleitern in Nairobi vorgelegt werden, noch einmal geprüft, bevor die Ergebnisse veröffentlicht werden. "Die Kommission möchte den Kenianern versichern, dass mit unserem rigorosen Prüfungssystem keine Manipulation der Ergebnisse möglich ist", versicherte Hassan.
Am Freitagnachmittag hat das Oberste Zivilgericht von Kenia die am Vorabend eingereichte Petition der CORD-Allianz abgewiesen. Somit hat die Wahlkommission auch die gerichtliche Rückendeckung, auch die Ergebnisse letzten paar Dutzend Wahlkreise zu prüfen und bekanntzugeben. Das könnte noch bis nach Mitternacht dauern. Kommissionsekretär James Oswago stimmte die Journalisten und Beobachter im Wahlzentrum in Nairobi vorsorglich schon einmal auf eine lange Nacht ein.