Studie: Nah- und Mittelost rüsten weiter auf
27. November 2015Angeführt wird das Ranking des Globalen Militarisierungsindex (GMI) wie in den Vorjahren von Israel. Es folgen Singapur und Armenien. Unter den ersten zehn Staaten findet sich mit Jordanien ein weiteres Land aus dem Nahen Osten, zudem Südkorea, Russland, Zypern, Aserbaidschan, Kuwait und Griechenland. Deutschland belegt mit Rang 97 einen Platz im hinteren Mittelfeld der 152 untersuchten Staaten. Den geringsten Militarisierungsgrad weisen Papua Neuguinea, Island und Swasiland auf.
Die großen Konflikte im Nahen und Mittleren Osten seien weiterhin "ein treibender Faktor für die Aufrüstung und Modernisierung der Streitkräfte" in der Region, so Jan Grebe, einer der Verfasser der Studie. Neben dem israelisch-palästinensischen Konflikt und dem syrischen Bürgerkrieg gelte dies auch für die Bedrohung durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS).
Keine verlässlichen Daten aus Syrien
Das Bürgerkriegsland Syrien, das in den Vorjahren ebenfalls stets einen der ersten zehn Plätze belegt hat, fehlt dort diesmal. Dies begründen die Autoren der Studie mit der unzureichenden Datenlage. Zudem seien Kuwait (Platz 9) und Bahrain (Platz 15) sowie Oman (Platz 13) und Saudi-Arabien (Platz 17), die auch im Krieg im Jemen involviert sind, regionale Konfliktparteien im arabischen Raum, die hohe Militarisierungsgrade aufweisen. Autor Grebe sieht in diesem Zusammenhang auch die Beschaffungsausgaben für moderne Waffensysteme in Milliardenhöhe, die etwa Saudi-Arabien tätigt, und betont: "Angesichts der eskalierenden Situation im Nahen und Mittleren Osten müssen sich viele Staaten - einschließlich Deutschlands - die Frage stellen, inwieweit sie mit ihrer Rüstungsexportpolitik in dieser Region zur Konfliktdynamik beitragen."
Pulverfass Kaukasus
Zudem warnten die Experten vor einem anhaltenden Wettrüsten in der Kaukasusregion. So sei davon auszugehen, dass Russland, das seit 2008 eine Militärreform verfolgt, weiter aufrüsten werde. Die Ukraine rückte im Vergleich zum Vorjahr um zwei Ränge vor und liegt nun auf Platz 22.
Auffällig sei auch die hohe Militarisierung in den kleinen Staaten Armenien und Aserbaidschan. Die beiden zu Europa zählenden Länder investierten "übermäßig viele Ressourcen in den Aufbau und die Modernisierung ihrer Streitkräfte", so Co-Autor Max Mutschler. Hintergrund ist der Konflikt um das frühere autonome Gebiet Berg-Karabach. Es erklärte sich 1991 unabhängig, wird jedoch international nicht anerkannt.
Aufrüstungstendenz in vielen Weltregionen
Aber auch zahlreiche andere Konfliktherde in der Welt treiben laut der Studie die Aufrüstung in vielen Regionen an und veranlassen Staaten zur Modernisierung ihrer Streitkräfte oder zur Erhöhung der Verteidigungshaushalte. Dazu gehören neben zwischenstaatlichen Rivalitäten und Konflikten überwiegend innerstaatliche bewaffnete Auseinandersetzungen, Bürgerkriege, Aufstände, ungelöste Territorialstreitigkeiten, militärische Konfrontationen und der Kampf gegen Piraterie.
Studie mit Schwäche
Die Studie über den Militarisierungsgrad einer Gesellschaft hat jedoch aufgrund der zugrundgelegten Datenbasis gewisse Schwächen. So tauchen die USA und China als die Länder, die weltweit führend bei den Militärausgaben sind, in den TOP 10 nicht auf. Das liegt am niedrigeren Verhältnis der Militärausgaben zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) sowie der Anzahl des Militärpersonals beziehungsweise der schweren Waffensysteme zur Gesamtbevölkerung dort.
Das BICC (Bonn International Center for Conversion) ist ein außeruniversitärer Think Tank mit einem internationalen Mitarbeiterstab. Es wurde 1994 gegründet. Die Erarbeitung des jährlichen Index wird durch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert.
qu/jj (kna, BICC)