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Gefährlicher Missionar?

Vera Kern, Düsseldorf6. September 2016

Vom Feuerwehrmann zum islamistischen Brandstifter: Der Salafistenprediger Sven Lau steht unter Terrorverdacht. Zum Prozessauftakt am Düsseldorfer Oberlandesgericht kamen auch seine Anhänger. Von Vera Kern, Düsseldorf.

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Prozess gegen Salafistenprediger Sven Lau in Düsseldorf (Foto: picture-alliance/dpa/F. Gambarini)
Bild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Normalerweise wirbt er mit emotional aufgeladener Rhetorik um Anhänger. Doch vor Gericht schweigt er. Flankiert von zwei Polizisten sitzt Sven Lau stumm im Sitzungssaal 1 des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Mal verschränkt er die Arme, mal stützt er seinen Kopf auf, mal zupft er an seinem Vollbart, der etwas kürzer wirkt als zu seinen Predigerhochzeiten.

Es ist ein öffentlicher Prozess, das Interesse ist groß. Sven Lau ist neben seinem Gesinnungsgenossen Pierre Vogel einer der bekanntesten Salafistenprediger Deutschlands. Der ehemalige Feuerwehrmann gilt als geistiger Brandstifter der deutschen Salafistenszene.

"Abu Adam" unter Terrorverdacht

Nun klagt ihn ein Vertreter der Bundesanwaltschaft wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland zwischen Juli und November 2013 an. Knapp eine halbe Stunde dauert es, bis die vier Anklagepunkte verlesen sind. Es wirkt, als prallten die Vorwürfe an dem 35-Jährigen ab.

In der letzten Reihe des Sitzungssaals, vom Angeklagten durch dickes Panzerglas getrennt, haben Freunde von "Abu Adam" Platz genommen. "Abu Adam" nennt sich der gebürtige Mönchengladbacher als salafistischer Prediger.

Es sind junge Männer mit langen Bärten, darunter bekannte Gesichter aus der Düsseldorfer Salafistenszene. Den vielen Journalisten im Saal werfen sie skeptische Blicke zu. "Boah, die übertreiben aber", raunt einer, als er den Saal betritt und die vielen Polizisten sieht.

"Der Sven ist menschlich korrekt", verteidigt ein anderer den Angeklagten. Er sei hier, um seine Solidarität mit dem Salafistenprediger zu demonstrieren. "Der Sven" bewege sich nicht in militanten Gruppen. Fotos, die Sven Lau mit Kalaschnikow oder auf einem Panzer in Syrien zeigen? Nur eine Pose.

Mutlu Günal, Verteidiger von Salafistenprediger Sven Lau (Foto: DW/V.Kern)
Verteidiger Günal (Mitte) mit Freunden des Salafistenpredigers vor dem Düsseldorfer OberlandesgerichtBild: DW/V.Kern

Prozessauftakt hinter Panzerglas

Die Zuschauer müssen an diesem ersten Prozesstag Sicherheitsschleusen wie am Flughafen passieren. Stacheldraht und hohe Mauern sichern die Nebenstelle des Düsseldorfer Oberlandesgerichts am Rande der Stadt ab.

Diesmal geht es nicht um Aktionen, bei denen der fünffache Familienvater als "Scharia-Polizist" gegen Glücksspiel und Alkohol umherzieht. Diesmal soll nachgewiesen werden, dass Lau Terroristen unterstützt - er könnte nach den Worten des Vorsitzenden Richters sogar auch als Terrorist des "Islamischen Staates" verurteilt werden.

Der 35-Jährige soll "unter dem Deckmantel humanitärer Hilfeleistung" im Jahr 2013 zwei kampfwillige Männer aus Stuttgart und Mönchengladbach nach Syrien geschleust haben. Außerdem, so ein weiterer Anklagepunkt, soll er einem der beiden Dschihadisten persönlich 250 Euro Bargeld in Syrien überreicht haben.

Der vierte Anklagepunkt betrifft drei Nachtsichtgeräte im Wert von 1440 Euro, die Lau für Kampfzwecke gekauft haben soll. Unklar ist, ob er die Geräte selbst im Basislager der syrischen Terrormiliz "Jamwa", die sogenannte "Armee der Auswanderer und Helfer", abgegeben hat, oder ob er sie über eine islamistische Hilfsorganisation dorthin liefern ließ. Die "Jamwa" war zu dem Zeitraum eng an den "Islamischen Staat" angebunden, in dem sie inzwischen aufgegangen ist.

Terror-Anwerbung in Mekka

Es sei bekannt, dass Lau den bewaffneten Dschihad befürworte, so der Bundesanwalt. Die emotionalen Videobotschaften oder öffentlichen Auftritte des Konvertiten hätten "hohe suggestive Wirkung" auf junge Muslime. In Deutschland habe Lau ein Netzwerk Gleichgesinnter aufgebaut und fungiere inzwischen als verlängerter Arm der "Jamwa".

Seine "Rekrutierungsplattform", wie es der Bundesanwalt nennt: Pilgerreisen nach Mekka. Diese Pilgerfahrten, heißt es in der Anklage, habe Sven Lau genutzt, um zwei Salafisten für den bewaffneten Kampf im syrischen Bürgerkrieg anzuwerben. Der eine hat tatsächlich in Syrien gekämpft und wurde bereits vom Oberlandesgericht Stuttgart zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Den anderen befand die Miliz für untauglich. Er wurde von Lau selbst wieder abgezogen.

Die deutschen Sicherheitsbehörden haben den umstrittenen Salafistenprediger schon lange im Visier. Seit Dezember vergangenen Jahres sitzt der Konvertit in Untersuchungshaft. Die Beweise stützen sich auf Fotos, Computerdateien, Chatverläufe, Telefonate, Zeugenaussagen.

Salafistenprediger Sven Lau bei einem Auftritt in Wuppertal (Foto: picture-alliance/dpa/Bildfunk/M. Becker)
Radikaler Konvertit: Salafistenprediger Sven Lau bei einem Auftritt in WuppertalBild: picture-alliance/dpa/Bildfunk/M. Becker

"Anklage ist juristischer Blindflug"

Laus Verteidiger Mutlu Günal weist die Vorwürfe zurück. "Die Anklage ist ein juristischer Blindflug", sagt er. Dieser Flug werde sehr bald enden, wenn die beiden Kronzeugen der Bundesanwaltschaft aufträten. Den Aussagen der beiden schenke er keinerlei Glauben. Der eine sei "wirr im Kopf", der andere ein "notorischer Lügner", so der Verteidiger. Sein Mandant solle seiner Einschätzung nach "mundtot" gemacht werden.

Insgesamt sind 30 Verhandlungstage für den Fall angesetzt. Sollte Sven Lau dann Mitte Januar nächsten Jahres verurteilt werden, drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.

Zum Schluss des Prozessauftakts, als die meisten Zuschauer schon den Saal verlassen haben, warten ein paar von Laus Salafistenfreunden an der Panzerglasscheibe. Sie winken dem Angeklagten zu. Der grüßt zurück, grinst und hebt den Daumen. Das Schweigen des Sven Lau, so der Eindruck, findet zumindest bei seinen Anhängern großen Anklang.

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