Syriens "vielleicht letzte Chance"
13. September 2016Wie die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, kam es in der Nacht zum Dienstag zwar zu Luftangriffen und Bombardements der syrischen Armee in den Provinzen Hama und Aleppo. Außerdem habe es Schüsse auf von Rebellen kontrollierte Gebiete nahe der Hauptstadt Damaskus gegeben. Diese Verletzungen der Feuerpause seien aber nicht schwerwiegend gewesen, heißt es. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle verfügt über ein dichtes Netz von Informanten in Syrien, deren Angaben von unabhängiger Seite aber nur schwer überprüft werden können.
US-Außenminister John Kerry erklärte ebenfalls, erste Berichte deuteten auf einen Rückgang der Kämpfe hin. Es sei jedoch noch zu früh, um beurteilen zu können, wie wirksam die Abmachung sei. Die Waffenruhe sei die "vielleicht letzte Chance", Syrien zu retten. Nur eine politische Lösung sei eine "realistische Lösung" für den Konflikt, in dem bereits Hunderttausende Menschen getötet wurden. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier betonte: "Spiele auf dem Rücken der Menschen und Taktierereien um Geländegewinne - das muss jetzt ein Ende haben."
Bald gemeinsam gegen Dschihadisten?
Die Feuerpause, auf die sich Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow am vergangenen Wochenende nach zähen Verhandlungen verständigt hatten, war zum Sonnenuntergang am Montagabend in Kraft getreten. Sie soll sowohl die Versorgung der notleidenden Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten ermöglichen als auch den Weg für neue diplomatische Initiativen ebnen. Allerdings sollen Dschihadistengruppen wie die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) oder die "Fatah al-Scham" (früher: "Al-Nusra Front") weiterhin angegriffen werden. Hat die Waffenruhe eine Woche lang Bestand, wollen die USA und Russland ihren Kampf gegen Dschihadisten in Syrien koordinieren.
Russland drängt derweil auf neue Friedensgespräche, die schon Anfang Oktober stattfinden könnten. Die erste Runde von Gesprächen unter UN-Vermittlung hatte trotz mehrerer Treffen in Genf nicht zum Erfolg geführt. Eine damals geschlossene Waffenstillstandsvereinbarung wurde nie vollständig eingehalten.
wa/ust (afp, dpa, rtr)